Es geht nicht um die Juden

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Es geht nicht um die Juden

Eigentlich wäre sie fürs deutsche Diversity-Spektakel ideal: Sie ist eine Frau, sie ist eine Jüdin und sie ist eine Philosophin. Was will man mehr.

Aber wenn sie, also alle drei zusammengenommen, die falsche Meinung haben, dann fliegt sie raus.

Denn Diversity gilt für die Abendgarderobe, für den Freizeitpark, fürs private self-government. Wer hingegen bei diesem Spektakel nicht mitmacht, den kann auch das Jüdisch-sein nicht retten.

Dazu gehört jetzt auch die US-amerikanische Philosophin Nancy Fraser.

Sie war in der Uni Köln eingeladen worden, eine Vorlesung zu ihrem aktuellen Buchprojekt zu halten, das sich mit dem Thema Arbeit in kapitalistischen Gesellschaften befasst.

Also das ginge gerade so. Aber darum geht es eben nicht.

Ihr wurde zum Verhängnis, dass sie in Zusammenhängen denkt und im November 2023 eine gemeinsame Erklärung “Philosophy for Palestine” unterzeichnet hatte.

 

Darin steht unter anderem:

„Wir sind Philosophen in Nordamerika, Lateinamerika und Europa, die öffentlich und unmissverständlich unsere Solidarität mit dem palästinensischen Volk zum Ausdruck bringen und das anhaltende und immer weiter eskalierende Massaker anprangern, das Israel in Gaza mit finanzieller, materieller Unterstützung und ideologische Unterstützung unserer Regierungen verübt.“

Das sind zwei Zusammenhänge zu viel: Zum einen zu bestreiten, dass es bei dem israelischen Krieg in Gaza um ein „Selbstverteidigungsakt“ handelt, auch nach sechs Monaten, in denen fast alles in Gaza in Schutt und Asche gelegt wurde und der Hunger(tod) eine gezielt eingesetzte Waffe ist.

Zum anderen, weil in der Erklärung die Helfershelfer, die staatlichen Komplizen benannt sind, also zu aller erst die Regierungen in den USA und in Deutschland, die dazu beitragen, dass über 30.000 Menschen ermordet worden sind, um ein Versprechen zu brechen, das mit der „Gründung“ Israels einherging: Ein eigenständiger Staat Palästina, als Trostpflaster.

 

Die Uni Köln begründet die Absage der Gastvorlesung mit besagter Stellungnahme, die „unvereinbar“ mit der Haltung der Universität zum Nahost-Konflikt sowie mit den Beziehungen zu israelischen Partneruniversitäten sei.

 

„Die Absage an Nancy Fraser reiht sich ein in eine Reihe ähnlicher Vorfälle. Die Philosophin Judith Butler hatte im Jahr 2012 von der Stadt Frankfurt am Main den Adorno-Preis verliehen bekommen. Wegen ihrer Kritik am Vorgehen Israels in Gaza und ihrer Unterstützung der Boykott-Bewegung BDS gibt es nun Forderungen nach Aberkennung des Preises. Auch die Verleihung des Hannah-Arendt-Preises für politisches Denken an Masha Gessen wurde von einem Skandal überschattet. Die den Grünen nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung und der Bremer Senat hatten ihre Teilnahme an der Preisverleihung abgesagt. Grund: Gessen hatte die aktuelle Situation in Gaza mit der im Warschauer Ghetto verglichen. Pikant an den Vorgängen ist, dass es sich bei Fraser, Butler und Gessen um Jüdinnen handelt. Fraser lehrt zudem an der in New York ansässigen New School, die unter anderem Hannah Arendt, ebenfalls Jüdin, ein wissenschaftliches Exil während der Zeit des Nationalsozialismus bot. Theodor Adorno, der Namenspatron des an Butler verliehenen Adorno-Preises, ging als jüdischer Denker ebenfalls ins Exil in die USA. Allen diesen Denkern gemeinsam ist darüber hinaus ihr Bemühen um das Verstehen der Bedingungen für die Entstehung von Totalitarismus.“ (RT)

Dass die deutsche und die US-Regierung aus kriegsstrategischen Gründen Israel unterstützen, bis in den Abgrund, ist nichts Außergewöhnliches. Man hat schon immer alle Diktaturen, alle totalitären Regime unterstützt, wenn sie deren Interessen bedienen. Und das tut man heute erst recht.

Wenn aber die „Wissenschaft“ selbst Teil der Kriegswirtschaft wird, lässt uns das erahnen, was auch uns blüht.

Rückwirkend – ab sofort

Hannah Arendt wird für die Vorstellung der Bücher:

Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft (1955)

und

Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen (1963)

als Autorin dieser Bücher ausgeladen.

 

Wolf Wetzel

 

Quellen und Hinweise:

Cancel-Culture: Uni Köln lädt US-Philosophin wegen Israelkritik aus, RT vom 11.4.2024: https://luuul.ru/uv/service/hvtrs8%2F-dg.pt%2Ccmm-illcnf%2F000316%2Fccnaen-auntwrg-ws%2Fpjinoqorhkn%2Fwgggn-

 

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