Das Referat für die falschen Juden

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Das Referat für die falschen Juden

Die deutsche Bundesregierung kann auf viel Erfahrung zurückblicken und zurückgreifen. Dazu gehört ganz sicher, was einen Juden ausmacht, wie man ihn erkennt und wie man mit ihm umgeht. Also versteht die deutsche Bundesregierung auch etwas von falschen Juden. Aber wie hält man sie auseinander?

Es ist aller höchste Zeit für die Einrichtung eines entsprechenden Referats.

Das könnte dann so aussehen:

 

Die deutsche Bundesregierung sucht für das „Referat für die falschen Juden“ richtige Juden (m,w,d). Sie kennen unsere Haltung und können sie zu ihrer eigenen machen? Sie sind begeistert von der „bedingungslosen Solidität mit Israel“ und wollen diese verteidigen? In Gaza, im Westjordanland und in Deutschland?

Dann kommen Sie zu uns, ins Team. Unser Chef und wir sind offen, divers und im Kern mono-kausal. Dann sind Sie bei uns genau richtig. Bewerben Sie sich noch heute.

 

Nur so könnte man das, was jetzt noch ungeregelt seinen Lauf nimmt, institutionalisieren und regelbasiert machen. Wie unsere westliche Weltordnung.

Wenn etwas regelbasiert ist, dann kann man in Deutschland viel, sehr viel machen. Das ist wiederum nicht neu. So könnte man alt und ganz-neu harmonisch zusammenführen.

Der ungeregelte Verlauf

Nehmen wir das Beispiel Moshe Zuckermann. Er lebt in Israel, hat jüdische Eltern und ist „umstritten“. Das markiert einen Verdachtsfall und geht noch seinen ungeregelten Weg. Und der sieht zurzeit so aus:

Moshe Zuckermann wird als Redner nach Deutschland eingeladen. Die Veranstalter mieten einen städtischen Raum.

 

Dann meldet sich „spontan“ die „Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG)“ und will dafür sorgen, dass Moshe Zuckermann nicht in diesem öffentlichen Raum reden darf. Denn Moshe Zuckermann ist Jude und Antisemit zugleich, was die Sache nicht kompliziert bis irre macht, sondern noch dringlicher.

Die städtischen Vermieter kommen nicht selbst darauf, dass das quasi ein Gerichtsurteil ist und holen sich Rat.

Zuerst beim Innenministerium des Innern und für Heimat. Dieses gibt die sehr brenzlige Angelegenheit – ohne Amtswegbeschreibung – an den Antisemitismusbeauftragten Baden-Württemberg weiter.

Der „Antisemitismusbeauftragten“ in Baden-Württemberg fühlt sich aber der Größe des Anliegens nicht gewachsen und gibt die Angelegenheit ganz nach oben.

Nun liegt die „Anfrage“ beim „Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus“ Dr. Felix Klein und seinen Referenten.

Der Persönliche Referent macht kurzen Prozess: Er erklärt, dass Moshe Zuckermann nicht nur „umstritten“ sei und ist, sondern ein Antisemit. Das ergebe sich automatisch aus der unbestreitbaren, letztinstanzlichen Tatsache, dass Moshe Zuckermann Israel kritisiere und dass der „Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus“ genau weiß, was an Kritik erlaubt ist und was nicht tragbar ist.

Aber der Persönliche Referent des „Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus“ gibt sich – völlig ungeregelt – verzwickt zart milde und softig-drohend:

„Nun besteht kein Verbot, auch derlei umstrittene Personen einzuladen. Zum demokratischen Austausch gehört gleichzeitig aber auch, dass für eine solche Einladung auch mit entsprechend intensiver Kritik gerechnet werden muss.“

Ob dieser Hinweis unverschämt dämlich ist oder eher als Drohung zu verstehen ist, bleibt in der Schwebe.

Fazit dieses ungeregelten Vorganges

Wie man leicht erkennen kann, ist vieles improvisiert und wenig klar geregelt. Wer also darin Willkür, Zuständigkeitswirrwar und Anmaßung erkennt, der dürfte nun der Einrichtung eines „Referats für falsche Juden“ zustimmen.

Diese hätten evaluierte Listen von „richtigen“ und „falschen Juden“ und selbstverständlich klare Kriterien für das eine wie das andere.

Selbstverständlich sind alle Bürger*innen dazu aufgerufen, Verdachtsfälle zu melden. Das kann man sehr gut mit dem „Berliner Register“ für Verdachtsfälle in der Prä-Strafbarkeit verbinden.

Auf (Wieder-)Vorlage

Um zu verstehen, wie wenig noch fehlt, dass dies so passiert, lesen Sie bitte Moshe Zuckermanns Beitrag:

In (nicht nur) eigener Sache“: https://overton-magazin.de/top-story/in-nicht-nur-eigener-sache/

 

Wolf Wetzel | 23.3.2024

Quellen und Hinweise:

PalästinenserInnen brauchen keinen imaginären Feind, Wolf Wetzel, 2024: https://wolfwetzel.de/index.php/2024/01/09/palaestinenserinnen-brauchen-keinen-imaginaeren-feind/

„Das Recht auf Selbstverteidigung“ in einem besetzten Land, Wolf Wetzel,2023: https://overton-magazin.de/kolumnen/kohlhaas-unchained/das-recht-auf-selbstverteidigung-in-einem-besetzten-land/

Wer hat zum x-ten Mal angefangen? Gaza – ein Gefängnis ohne Wärter, Wolf Wetzel, 2023: https://overton-magazin.de/kolumnen/kohlhaas-unchained/wer-hat-zum-x-ten-mal-angefangen-gaza-ein-gefaengnis-ohne-waerter/

 

 

 

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2 Kommentare

  1. Erschreckend, dass das Gespür für Denunziation und Ausgrenzung seit geraumer Zeit hierzulande verloren gegangen scheint.
    Sich eine Art von “Denkreinheit-Beweis” bei amtlich bestellten Antisemitismusbeauftragten einzuholen , gemahnt an faschistoide Praktiken, die sich übrigens auch im Umgang mit einem Virus in 2/3-G.Ausweisen manifestierten.

    Hannah Arend nannte systemisches Eingehegtsein mit der damit verbundenen Gehorsamsstruktur “Banalität des Bösen”

    Diese scheint mir hierzulande weiter virulent

    1. Danke. Ja, die Aussage von Hannah Arend bezüglich der “Banalität des Bösen” hat bei mir auch einen Stehplatz.

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