Was hat das Kosovo mit dem Donbass (incl. Krim) zu tun?

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Was hat das Kosovo mit dem Donbass (incl. Krim) zu tun?

Anlass für dieses Radiointerview waren die wieder aufflammenden Konflikte im Kosovo:

Eigentlich sollten in den vier Verwaltungsbezirken im überwiegend serbischsprachig besiedelten Nordkosovo Autonomierechte etabliert werden. Stattdessen verstärkte man die Schikanen in besagten vier Verwaltungsbezirken. Die serbisch-sprachigen Bürgermeister traten zurück, die Zentralregierung setzte „Neuwahlen“ an, wohl wissend, dass sie boykottiert werden. Danach setzte man mit Polizeigewalt albanisch-sprechende Bürgermeister ein, die von 3,47 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung gewählt wurden. Das ist ganz knapp zusammengefasst die Demokratie, für die man ein ganzes Land in Schutt und Asche gebombt hatte, unter Zuhilfenahme einer kosovarischen Untergrundarmee, die UCK, die man durchaus mit den Asow-Brigaden in der Ukraine vergleichen kann.

 

Als die Kontrafunk-Redaktion darum bat, zu diesem Konflikt Stellung zu beziehen, war ich … angenehm überrascht.

 

 

Denn wer erinnert sich noch an das Jahr 1999, als Deutschland ein „zweites Auschwitz“ in Jugoslawien verhindern wollte und wir der rot-grünen Bundesregierung kein Wort glaubten. Wir waren ziemlich ahnungslos und mussten uns in diese Balkan-Geschichte hineingearbeitet. Am Ende stand unser Aufruf, den grünen Sonderpartei in Bielefeld 1999 zu verhindern, um vielleicht einen politischen Dominoeffekt auszulösen.

Seitdem verfolge ich im Augenwinkel die Entwicklung dort, in den Ländern, die aus der Filetierung der Bundesrepublik entstanden sind. Dazu gehörte auch das Kosovo, wo man im Westen mal ein, also alle Augen zugedrückte hatte – wenn man über das Recht von Abspaltungen, von „Unabhängigkeitsbestrebungen“ sprach. Das mochte man ganz und gar nicht in seinem Herrschafts- und Einflussgebiet. Der irische Befreiungskampf wurde genauso blutig bekämpft und niedergeschlagen wie der der baskische Befreiungskampf. Aber das gehört eben zu imperialen Herrschaftstechniken dazu: Man kann sofort das Gegenteil begrüßen, wenn es in den Kram passt. Und die politische und militärische Unterstützung der profaschistischen UCK im Kosovo gehörte auch dazu.

Wenn Sie also dieses Statement ab Minute 21:00 hören, dann hängen sie die Ankündigung, ich sei ein „Balkanexperte“ ein bisschen tiefer: https://kontrafunk.radio/de/sendung-nachhoeren/politik-und-zeitgeschehen/kontrafunk-aktuell/kontrafunk-aktuell-vom-6-juni-2023#id-article

 

Mir kam es in diesem Interview vor allem darauf an, zu zeigen, dass Unabhängigkeitsbewegungen/Abspaltungen mehr denn je geostrategische Optionen sind, um ein Land zu erobern, um einen Regime-Chance einzuleiten, um Interessen durchzusetzen, die mit den dort lebenden Menschen wenig bis gar nichts zu tun haben.

Aber ich möchte auch auf einen wichtigen Unterschied aufmerksam machen, wenn man Donbass mit dem Kosovo vergleicht:

Die BP Jugoslawien war geostrategisch kein Streitfall mit Blick auf imperiale Sicherheitsinteressen (die es ja nur für die Imperialmächte gibt). Man wollte einzig und allein das politische und militärische Vakuum nutzen, um die BP Jugoslawien zum zerschlagen und sich alles, was Profit verspricht, unter den Nagel zu reißen.

 

Der „Ukraine-Konflikt“ liegt hier deutlich anders. Bevor es zu den Abspaltungen/Annexionen (Donbass/Krim) kam, war die Ukraine zum geostrategischen Schlachtfeld des Westens und der NATO geworden.

Die Ukraine ist geostrategisch von großer Bedeutung, wenn man Russland „ruinieren“ will – dieses Mal als kapitalistischen Konkurrenten. Man rückt bis an deren Grenzen vor.

Die Donbass-Abspaltung, die Krim-Übernahme ist ohne den Bruch der 2 plus 4 Vereinbarungen 1990/91 nicht zu verstehen.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ging es darum, wie man mit den ehemaligen Ostblockstatten verfährt. Die Sowjetunion zog ihre Atomwaffen und ihr Militär ab und im Gegenzug versprach der Westen, dass man als NATO nicht nachzieht, diese Republiken „übernimmt“. Es sollte kein NATO-Aufmarschgebiet werden. Genau das Gegenteil ist passiert. Man hat Zusagen und Vereinbarungen gebrochen, systematisch und über Jahrzehnte. Die seit Jahrzehnten propagierte und gefeierte und vorangetrieben „NATO-Osterweiterung“ ist ein eklatanter Bruch dessen, was der Westen angeblich als „regelbasierte Weltordnung“ in der Ukraine verteidigen will.

 

Wolf Wetzel

Quellen und Hinweise:

Der Nato-Krieg gegen die ehemalige Bundesrepublik Jugoslawien 1999: https://wolfwetzel.de/index.php/2018/07/04/der-nato-krieg-gegen-jugoslawien-1999/

 

 

 

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