Die tödlichen Schüsse an der Startbahn West am 2.11.1987 und die sehr junggebliebenen Fragen

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Die tödlichen Schüsse an der Startbahn West am 2.11.1987 und die sehr junggebliebenen Fragen

In der Regel ist vom Protest gegen die Startbahn 18 West am Frankfurter Flughafen kaum noch etwas hängen geblieben. Sehr gewollt wird meist der 2.11.1987 ins Gedächtnis gerückt: An diesem Abend wurden während einer nächtlichen Demonstration am Frankfurter Flughafen tödliche Schüsse auf Polizeibeamte abgegeben. Sie werden auch deshalb so ins Zentrum geschoben, weil man damit „beweisen“ will, dass ein eigentlich gut gemeinter Protest sehr schnell in mörderische Gewalt umschlagen kann. Damit soll alles gesagt sein.

Man verliert also kein Wort darüber, ob es zwischen dem jahrzehntelangen Protest und den tödlichen Schüssen eine Zwangsläufigkeit gibt.

Genauso wenig will man darüber diskutieren, wie man mit der Ohnmacht umgehen soll, wenn Zehntausende, wenn Hunderttausende die neue Startbahn West abgelehnt hatten und mit all ihren Protestformen gegen die Wand gefahren sind und dabei alle Versprechen gebrochen wurden, die es im Zusammenhang mit dem Frankfurter Flughafen gab.

Die Frage, wie man gegen eine gehörlose Regierung vorgehen soll, wie man mit einer Repression umgehen soll, der man nicht gewachsen ist, wie man gegen die aufkommende Resignation angehen kann und soll, sind heute mehr denn je aktuell.

Der 2.11.1987 jährt sich zum 36. Mal. Eine gute Gelegenheit, einen Blick zurück nach vorne zu wagen:

Schüsse im November 1987

 

Ein filmischer Rückblick in die Gegenwart

Im Zuge der Recherchen des Filmemachers Fred Kowasch zur Geschichte des „Schwarzen Block“ in Deutschland haben wir uns kennengelernt. Denn Frankfurt spielte für Mythos und Wirklichkeit dieses Phänomens eine wichtige Rolle. 1981 wurde durch die Bundesstaatsanwaltschaft der „Schwarze Block“ zu einer „terroristischen Vereinigung“ nach § 129a, was zu Dutzenden Hausdurchsuchungen und mehreren Festnahmen führte. Da unsere politischen Zusammenhänge davon sehr betroffen wurden, war es naheliegend, diese Geschichte aufzurollen. Das führte uns unter anderem an die Startbahn West, zurück in die 1980er Jahre, als man auch dort den „Schwarzen Block“ gesichtet und für alles verantwortlich machte, wenn es zu Auseinandersetzungen und militanten Aktionen gegen die Startbahn West kam.

So kam es im Lärm der startenden Flugzeuge zu folgendem Gespräch, das etwa 25 Minuten lang ist. Dabei geht es nicht darum, den Mythos zu füttern, sondern einen Einblick zu geben, was wir damals unter Protest und unter Widerstand verstanden und warum Fehler keine Begründung sind, selbstgerecht abzuwinken, sondern diese jetzt und morgen nicht zu machen.

Das Interview mit Fred Kowasch findet sich hier:

https://vimeo.com/ondemand/blackblock/863977102?autoplay=1

 

https://vimeo.com/863977102

Über den Dokumentarfilm „Black Block“ (2023), der von der Startbahn West, über G-20-Gipfel in Hamburg 2017, zum Hambacher Forst bis zum Prozess gegen Lina E. in Leipzig führt, folgt ein eigener Beitrag. Wer sich diese 94-minütige Dokumentation anschauen möchte, der kann dies so tun:

https://vimeo.com/ondemand/blackblock/849467162?autoplay=1

 

Wolf Wetzel

Quellen und Hinweise:

Tödliche Schüsse, eine dokumentarische Erzählung, Wolf Wetzel, 2008. Sie basiert auf über 15 Interviews mit damals Beteiligten und fängt mit langen Einblendungen die verschiedenen Phasen der Startbahnbewegung einfängt: https://wolfwetzel.de/index.php/2009/05/17/buchvorstellung/

50 Jahre Protest gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens | BAND I. Hg. Walter Kerber, Wilma Früchwacht-Treber, Dirk Treber, 2015, Buchbeitrag: Tödliche Schüsse – 25 years later (S.56-59)

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