VW. Das Auto. Der doppelte Betrug.

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VW. Das Auto. Der doppelte Betrug.

„Mister Volkswagen“ Martin Winterkorn steht jetzt doch noch vor Gericht. Man möchte wohl den naheliegenden Verdacht ein ganz bisschen zerstören, dass sich Großunternehmen (mit systemischen Potential) im rechtsfreien Raum bewegen. Dabei ist der Prozess selbst ein (zweiter) Betrugsfall.

Teil I

Nachdem führenden VW-Mitarbeiter in den USA gestanden haben, die Manipulationen an Diesel-Fahrzeugen vorgenommen zu haben, zu mehreren Jahren Haftstrafen verurteilt worden waren, der Konzern piepsige 30 Milliarden Dollar bezahlt hatte, will man nun doch noch – neun Jahre nach dem Aufliegen dieses Industrieskandals – kurz den Rechtsstaat aufblitzen lassen.

Der erste von über 80 Verhandlungstagen begann am 3. September 2024.

Winterkorn wird gewerbs- und bandenmäßiger Betrug vorgeworfen. Er soll spätestens seit Mai 2014 von dem Einsatz der VW-Schummelsoftware in den USA und im September 2015 auch vom Einsatz in Europa gewusst haben. Als Vorstandsvorsitzender hätte er den Betrug sofort stoppen müssen. Stattdessen habe VW unter seiner Führung weiterverkauft und weiter die Kunden getäuscht. Außerdem wirft ihm die Staatsanwaltschaft Marktmanipulation vor. Weil er die VW-Aktionäre nicht rechtzeitig informiert habe über den Dieselskandal, bevor die Aktie abstürzte. Als dritter Vorwurf steht die Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages im Raum.“ (tagesschau.de vom 3.9.2024)

Normalerweise reicht, nachzuweisen, dass diese Manipulationen in VW-Konzernen vorgenommen wurden und der Kopf des Unternehmens dafür die Verantwortung trägt. Aber wo kämen wir in Deutschland hin, wenn die vielgepriesene „Verantwortungskultur“ mehr als ein Werbegag ist.

In Sachen „Kapitalverbrechen“ läuft das ganz anders. Man imaginiert sich ein straff organisiertes Großunternehmen in eine Ansammlung von Zehntausenden sich selbst steuernden Individuen und muss dann beweisen, dass ausgerechnet der Boss dieses Unternehmens davon etwas gewusst hat.

Dass genau das fast unmöglich ist, ist gewollt. Und die Unternehmensführungen leben damit hervorragend: Sie müssen nur eines tun: Dafür sorgen, dass kriminelle Handlungen im Konzern nicht direkt mit dem Chef in Verbindungen gebracht werden können. Ein Kinderspiel.

Und so beginnt der Prozess auch mit der triumphorischen Feststellung der Verteidigung, dass ihr Mandat „Mister Volkswagen“ nichts, aber auch gar nicht davon gewusst habe und dass man das Gegenteil nicht beweisen könne:

VW, das Auto und der doppelte Betrug

 

Wolf Wetzel

Quellen und Hinweise

VW. Das Auto. Der Betrug. Die Paten, Wolf Wetzel, 2020: https://wolfwetzel.de/index.php/2020/05/28/vw-das-auto-der-betrug-die-paten/

Schadensersatzklage im sogenannten “Dieselfall” gegen die VW AG überwiegend erfolgreich: www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/2020063.html

Drei Anklagen – und ein Deal?, Tagesschau vom 3.9.2024: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/winterkorn-prozess-100.html

 

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