Offener Brief an Markus Lanz
Herr Lanz,
warum müssen Sie als Moderator mit ihren öffentlich-rechtlichen Eiern spielen, vor einem Millionenpublikum, in ihrer „eigenen“ Sendung? Was treibt Sie zu dieser Entblößung?
Was befriedigt Sie dabei?
Warum verlieren Sie die BeHerrSchung, wenn Sie Argumente hören, die nicht Ihre eigenen sind?
Warum blamieren Sie öffentlich-rechtlich den Grundgedanken einer Kontroverse?
Warum verlieren Sie die Kontrolle, die telegen Nonchalance, wenn Sie argumentativ nicht mehr weiterkommen, wenn Sie einer Widerrede nicht gewachsen sind und folglich einer Frau ständig ins Wort fallen, auf eine penetrante Art und Weise, dass man sich fragt, wie lange hält es eine oder diese Frau bei Ihnen, in Ihrer Nähe aus?
Die Talk-„Show“ von Markus Lanz vom 2. Juni 2022
Im Mittelpunkt stand der Ukraine Krieg, also der ab dem 24. Februar 2022, als russische Truppen in die Ukraine einmarschierten. Die Gäst*innen waren alle halb bis voll dafür, „Solidarität“, also Waffenbrüderschaft mit der ukrainischen Armee zu üben, nur die eingeladene Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot war das ausgesuchte, rot markierte schwarze Schaf. Sie widersprach den tapferen Heimkriegerbefürworterinnen und der Plan ging auf: Die braven, weißen Schafe samt Hirten machten sich über sie her.
Dennoch und gerade deshalb ist diese Talk-Show ein Lehrbeispiel dafür, wie man Vielfalt und Diversität hochhält und als ganz große Errungenschaft abfeiert, wenn diese im ideologischen Niemandsland stattfindet, um damit ganz binäre Herrschaftsverhältnisse zum Verschwinden zu bringen:
Herr und/oder Knecht*in.
Man muss es für Schulungszwecke aufbewahren und ich bin mir sicher, dass es auch anderen Herrschaftsformen viel Anregung bietet.
„Markus Lanz“ ist ein lebendes und sehr agiles Beispiel dafür, wie divers und genderversiert ein Mann, eine Sendung, ein Moderator sein kann, wenn man seine Meinung teilt, wenn man ihm zur Illustration dient, aber nicht einmal eine moderate Widerrede aushält, wenn sie Herr-schaftsverhältnisse befragt, hinterfragt.
Nein, diese Frau hat nicht zum bewaffneten Kampf aufgerufen, sie hat auch nicht zum Sturz dieser Herrschaftsordnung aufgerufen. Sie hat nur den politischen Monotheismus in Frage gestellt, indem sie Krieg nicht zwingend für richtig hält, indem sie komplexe Machtverhältnisse sichtbar macht, also die Errungenschaft der Aufklärung nutzte und zur Anwendung bringt.
Markus Lanz ist zweifellos ein Mann (mit allen möglichen *****). Aber er ist eben auch ein Mann, der – auf hohem Niveau –widerspiegelt, dass er am Ende seiner „Kunst“ ist, dass er die intellektuelle Deckung verliert, wenn er wie ein Dorfschullehrer dreimal einer Frau ins Wort fällt, mit der dümmsten und billigsten Variante aus dem Rhetorik-Schule:
Bringe sie aus dem Konzept, zerreiße ihren Gedankenfaden, indem du ständig etwas Belangloses dazwischenrufst, also ginge es mit diesem Zwischenruf um Sein oder Nicht-Sein.
Genau das tat Herr Lanz auf geradezu peinliche Weise gegenüber Ulrike Guérot:
„Es war der 24. Februar … nicht der x Februar …es war der 24. Februar, nicht …“ als die russische Armee in die Ukraine einmarschiert ist.
Jede und jeder weiß, dass diese Korrektur von entscheidender, von kriegsentscheidender Bedeutung ist.
Ganz im Gegensatz zu dem Gedanken von Ulrike Guérot, der schlimmer ist als die ‚Stalin-Orgel‘:
Mit Blick auf den am 24. Februar 2022 stattgefundenen Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine stellt Ulrike Guérot fest, dass dabei vier Kriege zu berücksichtigen seien:
- Ein Bürgerkrieg (vor Beginn der russischen Invasion),
- ein russischer Angriffskrieg,
- ein Stellvertreterkrieg
- und ein Informationskrieg.
Das war Lanz & Co. genau dreimal zuviel.
Wolf Wetzel | Juni 2022
Publiziert im Magazin Overton am 14.6.2022: https://overton-magazin.de/kolumnen/kohlhaas-2-0/offener-brief-an-markus-lanz/
Quellen und Hinweise:
Markus Lanz-Talkshow vom 2. Juni 2022: https://www.zdf.de/gesellschaft/markus-lanz/markus-lanz-vom-2-juni-2022-100.html
Die Treibjagd, Marcus Klöckner, NDS vom 9. Juni 2022: https://www.nachdenkseiten.de/?p=84676
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