Wie man mit einem selbstgeschaffenen Notstand Politik macht

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Wie man mit einem selbstgeschaffenen Notstand Politik macht

 

Dazu hat der Bürgermeister Uwe Scheler (Die LINKE) der Gemeinde Neuhaus einen bemerkenswerten Offenen Brief geschrieben, der sich wohltuend von reaktionären und pharma-idiotischen Reflexen abhebt:

“In diesen Tagen hört man sehr oft die Frage nach Schuld oder den Vorwurf von Schuld. Schuld am Vorhandensein des Corona-Virus, Schuld daran, dass er immer noch nicht weg ist, Schuld an der hohen Anzahl der Infektionen, Schuld am Volllaufen der Krankenhäuser und Intensivstationen, Schuld an der nicht zufriedenstellenden Wirkung der Impfungen, Schuld am Nichtvorhandensein von genügend Impfstoff, Schuld an der Überlastung der Hausärzte. Ich denke, es ist nicht eine Frage der Schuld.

(…) Vielmehr ist es doch eine Frage nicht eingelöster Versprechen und nicht erfüllter oder enttäuschter Erwartungen. Von vielen Stellen wurden diese Erwartungen und Hoffnungen noch durch Versprechen genährt und unterstützt. Versprechen, die eigentlich nicht hätten gemacht werden dürfen. Versprechen, die einfach nicht gehalten werden konnten.

Menschen gehen sich auf der Arbeit oder im privaten Bereich an, werfen sich gegenseitig vor, an etwas Schuld zu sein. An Infektionen und Quarantänemaßnahmen, an Schließungen von Einrichtungen, an verschobenen Operationen – die Aufzählung wäre beliebig fortsetzbar.(…)

Ich gebe zu: Ich habe auch keinen Masterplan. Ich kann nichts versprechen, ich kann nichts in Aussicht stellen. Ich verpflichte niemand zu etwas, ich empfehle niemand etwas. Weil ich es einfach nicht weiß. Ich rate nur jedem, der es auch nicht weiß, es ebenso wie ich zu halten und es einfach zuzugeben, dass man keine Lösung zu bieten hat.

Solange den sogenannten Heilsbringer niemand hat, sollte man sich auf allen Ebenen mit Schuldvorwürfen unbedingt zurückhalten. Die lösen das Desaster nämlich nicht auf, die verlagern nur die Verantwortung und machen blind. (…)

Wir müssen aufhören, auszugrenzen und abzugrenzen, wir müssen das alle gemeinsam durchstehen. Wir müssen Kräfte, Kenntnisse und Erfahrungen bündeln.

Solange es kein 100%iges Gegenmittel gibt, müssen wir in die Forschung investieren, die Kapazitäten der Krankenhäuser erhöhen und die Hausärzte stärken und unterstützen.

Wir müssen zuallererst aufhören, den Abbau von Krankenhausbetten zu fördern. Sie glauben das nicht? Tatsächlich ist es so. Wenn Krankenhausbetten reduziert werden, gibt es Förderung dafür, aus dem Krankenhausstrukturfonds.

In der Verordnung heißt es:

„Des Weiteren wird nunmehr der Abbau von krankenhaus-planerisch festgesetzten Betten nach Anzahl der Verminderung pauschal gefördert. Ausgehend von einer Bagatellgrenze von bis zu 10 Betten stellen sich die Förderungen wie folgt dar:

  • 11 bis 30 Betten: 4.500 € je Bett
  • 31 bis 60 Betten: 6.000 € je Bett
  • 61 bis 90 Betten: 8.500 € je Bett
  • Mehr als 90 Betten: 12.000 € je Bett“

Im Gesundheitswesen geht es an vielen Stellen nur noch betriebswirtschaftlich orientiert und unternehmerisch denkend zu. Krankenhäuser müssen sich „rechnen“. Ich finde, das ist der eigentliche Notstand und den haben wir in unserem Land selbst geschaffen.”

Offener Brief: Bürgermeister klagt Corona-Politik an und kritisiert Gesundheitssystem in Deutschland

Wolf Wetzel                 27. November 2021

 

Quellen und Hinweise:

Kapital-Verbrechen mit und an Corona

 

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