„Wir kommen, um das Schweigen zu brechen …“

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„Wir kommen, um das Schweigen zu brechen …“

„Wir wollen weiter tanzen“ … diesen Refrain hört man in Frankreich in den letzten Wochen immer häufiger. Gesungen und getanzt auf zahlreichen Flashmobs an öffentlichen Plätzen. Der Chanson „Danser encore“ hat sich in den letzten Wochen zu einer Hymne des friedlichen und kreativen Widerstands gegen die Corona-Maßnahmen gemausert. Erst letzte Woche tanzten hunderte Franzosen ihren Frust am Pariser Gare de l’Est hinfort. Bilder, die einem das Herz erwärmen und Hoffnung machen. Weitere Aktionen sind geplant. Von Jens Berger/NDS“

 

 

Wir wollen weiter tanzen

Sehen, wie unsere Gedanken unsere Körper umarmen,

unsere Leben in Akkordfolgen verbringen

Oh nein, nein …

Wir sind Zugvögel. Niemals fügsam, nicht wirklich weise.

Wir schwören der Morgenröte nicht unter allen Umständen die Treue.

Wir kommen, um das Schweigen zu brechen.

 

Und wenn am Abend im Fernsehen der „gute König“ spricht und das Urteil verkündet,

zeigen wir uns respektlos. Aber immer mit Eleganz.

Oh nein, nein …

Auto, U-Bahn, Arbeit, Konsum, Erlasse, vorgeschriebene Absurditäten.

Und wehe dem, der denkt …

Und wehe dem, der tanzt ….

 

Jede autoritäre Maßnahme, jede Sicherheitsanordnung

fegt unser Vertrauen mehr weg. Sie versuchen mit Beharrlichkeit,

unser Gewissen einzusperren.

Oh nein, nein …

Lassen wir uns nicht beeindrucken von all diesen

unvernünftigen Menschen,

die Angst im Überfluss verkaufen. Unanständige Ängste.

 

Lasst sie uns für unsere geistige Gesundheit auf Abstand halten.

Für unsere soziale und ökologische Gesundheit

sind unser Lächeln, unsere Intelligenz

die Instrumente des Widerstands gegen ihren Wahnsinn.

Oh nein, nein …

 

Schön zu sehen, dass sich in Frankreich noch viele Menschen ihre Lebensfreude und ihren typisch gallischen Widerstandsgeist erhalten haben. Die mediale Berichterstattung ist vornehm kritisch zurückhaltend. Zwar wird – was wohl weltweit eine Marotte der Journalisten ist – über mangelnde Maskierung und Abstände salbadert, die in deutschen Medien sorgsam konditionierten Reflexe bleiben bei unseren Nachbarn jedoch glücklicherweise aus. Es ist auch schwer, die bunte Mischung der Musiker und Flashmobber als Verschwörungstheoretiker, Nazis oder Antisemiten zu verunglimpfen.

In Deutschland wäre so etwas wohl nur schwer vorstellbar. Zur Erinnerung: Paris hat zurzeit eine Inzidenz von 600. Hierzulande würden wahrscheinlich Wasserwerfer anrücken und die Medien den pandemischen Untergang des Abendlandes ausrufen. Da ist Frankreich offenbar doch ein wenig weiter.

Wir möchten das Lied und die schönen Videos zeigen, da sie Mut machen. Ganz Europa ist dem Wahnsinn verfallen? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Land hört nicht auf, dem Wahnsinn Widerstand zu leisten. Und das ist gut so und macht uns allen Mut. Nous on veut continuer à danser encore. Wir wollen weiter tanzen.

Quelle: https://www.nachdenkseiten.de/?p=71530

Tanzen ist schön und nicht alles.

Es geht in Corona-Zeiten auch anders: Um das “Soziale” bittet man nicht, man muss es zusammen herstellen!

Das geht nicht im Home-Office und auch nicht mit ziemlich vernünftigen Forderungen, für deren Einlösung man nicht kämpft. In Frankreich sind mittlerweile über 70 Theater und Kulturzentren besetzt.

Sebastian Chwala schreibt dazu:

“Alle gemeinsam gegen den antisozialen Ausnahmestaat Macrons, so könnte der unausgesprochene Gedanke des Chanson “Lasst uns weiter tanzen” von HK (Kaddour Hadadi) und seinen Musiker*innen lauten. HK ist in Frankreich kein Unbekannte. Schon 2012 diente sein Lied “Wir lassen nicht locker” als Lied der ersten Wahlkampagne zur Präsidentschaftswahl von Jean-Luc Mélenchon. 2017 war HK im Umfeld des trotzkistischen Kandidaten Poutou aktiv. HK`s Lieder machen immer den Nonkonformismus stark und wenden sich gegen Autoritarismus und Rassismus.
Das dieses neueste Werk in Frankreich wieder einmal so einschlägt, liegt nicht zuletzt an der furchtbaren Bilanz des angeblich liberalen Emmanuel Macron. Abbau der Arbeitnehmer*innenrechte, , Rentenabbau und Senkungen der Leistungen der Arbeitslosenverischerung ,sowie Privatisierungen im großen Stil prägten seine Amtszeit. Auf Protest folgte stehts Polizeiterror und ein immer weiterer Ausbau des Polizeistaates, der mit den beinahe absoluten Ausgangsperren im letzten und diesen Jahr seinen Höhepunkt erreichte. Währendessen wird im Gesundheitssystem weiter gespart und Krankenhäuser geschlossen.
Der Widerstand gegen die diese Politik wird also von vielen getragen und Platz für “gute” oder “böse” Demonstrierende gibt es nicht. Und die Covid-Maßnahmen zu kritisieren, bedeuted in Frankreich noch lange nicht “unfranzösisch” zu sein. Die Ärtz*innen und Pfleger*innen demonstrieren nämlich mit. Der Versuch, einer Moralisierung hinsichtlich der Selbstverantwortlichkeit des einzelne Staatsbürgers wird in der aktuellen Situation daher eigentlich höchstens von macronnahen Medien versucht.”

Wolf Wetzel

Quellen und Hinweise:

Ausgezeichnete Berichte über Frankreich findet man bei Sebastian Chwala: https://www.facebook.com/sebastian.chwala.5

 

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4 Kommentare

  1. Werte Lola, ich hatte eigentlich ausführlich geantwortet, evtl. habe ich dabei auch einen Fehler gemacht, oder meine Antwort wird erst später freigeschaltet. Zur Sicherheit in Kurzform (nochmals): Man sollte derzeit in jedem Bereich versuchen, Kontakte zu reduzieren. Die Arbeit ist für viele aber schlicht Mittel zum Überleben, Singen und Tanzen sind es nicht. Und auch wenn Menschen die mit der Arbeit verbundenen Risiken eingehen, werden dadurch nicht weitere beziehungsweise andere Risiken gerechtfertigt. Mir scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein.

    Die Gesundheitssysteme werden extrem belastet, viele Mitarbeiter dort sind bereits über Gebühr belastet. Natürlich möchten auch die Sänger und Tänzer ärztliche Hilfe erhalten, und werden das Elend dann noch vergrößern. Das ist vollkommen vorhersehbar. Und mir ist schleierhaft, wie man verfasst sein muss, um Singen und Tanzen ohne Abstand, ohne Maske, in geschlossenen Räumen hier so überschwänglich zu loben.

  2. Werte Lola, in Buß und Bahn zur Arbeit, dort im ungelüfteten Büro dicht an dicht 8 Stunden – das ist übelst und sollte möglichst vermieden werden. Klappt in einigen Bereichen per Homeoffice ja auch. Nur: wer dies tut, steht zumeist unter dem Druck, sich und ggf. seine Familie ernähren zu müssen. Sie/er wird auch eine Maske tragen können.
    Was hier jedoch gelobt und beworben wird, ist das Singen und Tanzen in großen Gruppen, dicht und in Gebäuden. In dem Video trägt kaum jemand Maske, und natürlich wird niemand zu diesem Verhalten gezwungen. Wozu vergleichen Sie also Dinge, die nichts miteinander zu tun haben? Aber selbst wenn: entschuldigt bzw. rechtfertigt ein unverantwortliches Verhalten ein anderes?
    Es ist ein Irrsinn, sich in einer Pandemie so zu verhalten. Und das auch noch anzupreisen halte ich schlicht für asozial.
    Und wenn dann schließlich doch eintritt, wovor die Mediziner warten, dass nämlich die Medizinischen Kapazitäten nicht ausreichen – dann ist natürlich der Staat schuld.

  3. Klar, dicht zusammen Singen und Tanzen, am besten noch in geschlossenen Räumen- absolut das beste, was man in einer Pandemie tun kann. “Schön zu sehen”, diese “Lebensfreude”. Sie, Herr Wetzel, würden noch den Lemmingen für deren Posiivismus zujubeln, wenn diese sich von der Klippe stürzen.
    Hängen Sie sich bitte ein Schild um den Hals, dass Sie jede Aufnahme in ein Krankenhaus ablehnen, und dann los, fröhlich die Lebensfreude abfeiern.

    1. Genaus so “klar”, wie Sie morgens (ohne Murren) zur Arbeit fahren, acht (und mehr) Stunden in geschlossenen Räumen arbeiten, mit vielen Menschen zusammen, das jeden Tag, weil Corona da absolut nicht hinwill. Was und wer sind also die professionellen “Coronaleugner”?

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