V-Männer als Staatsanteil im NSU-Netzwerk

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Der Staatsanteil am NSU –

3 NSU-Mitglieder – 45 V-Leute (plus X)

(aktualisiert am 30.1.2020)

Der Prozess gegen Beate Zschäpe und vier weitere Neonazis hat am 6. Mai 2013 begonnen. Wie viele tatsächlich auf der Anklagebank sitzen müssten, führte auch Angelika Lex, Anwältin und gewählte bayerische Verfassungsrichterin, auf der Demonstration in München am 13.4.2013 aus:

»Es fehlen vollständig die Verfahren gegen Ermittler, gegen Polizeibeamte, gegen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, gegen Präsidenten und Abteilungsleiter von Verfassungsschutzbehörden. Verfahren, die nicht nur wegen Inkompetenz und Untätigkeit, sondern auch wegen aktiver Unterstützung geführt werden müßten… Auf diese Anklagebank gehören nicht fünf, sondern 50 oder noch besser 500 Personen.« (Junge Welt vom 15.4.2013)

Nutzen wir die Zeit, die Namen derer zu nennen, die nicht auf der Anklagebank sitzen, die man durchaus als jenes NSU-Kontingent bezeichnen kann, das den Staatsanteil am neonazistischen Netzwerk ausmacht.

Im November 2011 wurde der amtierende Generalbundesanwalt Rainer Griesbaum in einem Interview mit der Zeitung ›Badische Neueste Nachrichten‹ gefragt:

»Hatten die mutmaßlichen Neonazi-Terroristen des NSU etwa Verbindungen zum Thüringer Verfassungsschutz?«
Antwort: »Uns liegen keine Anhaltspunkte vor, die diese Behauptung stützen könnten.« (Berliner Kurier vom 16.11.2011)

In diesem Beitrag geht es darum, dem obersten ›Aufklärer‹ jene Anhaltspunkte zu liefern, die in jedem anderen Verfahren nach § 129a vollkommen genügen würden, um wegen Unterstützung oder Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagt zu werden.

 

VS-Stay-behind-NSU
Im Folgenden sind die bislang namentlich bzw. mit ihrem Decknamen bekannter V-Männer aufgeführt, die sich im Netzwerk des NSU beweg(t)en.

 

Thomas Dienel, V-Mann des thüringischen Verfassungsschutzes

»Thomas Dienel gehört zu den umtriebigsten Personen des ostdeutschen Rechtsextremismus Anfang der 90er-Jahre. Sein Weg führte von den Jungen Pionieren über die ›Deutsche Sex-Liga‹ in die NPD. Später gründet Dienel seine eigene ›Deutsch-Nationale Partei‹ (DNP) in Thüringen, die fester Bestandteil des neonazistischen Netzwerkes um Michael Kühnen wird. (…) Als bezahlter Informant besucht er das Landesamt für Verfassungsschutz von Januar 1996 bis August 1997 insgesamt 93-mal. Als V-Mann ›Küche‹ soll er insgesamt rund 22.000 D-Mark Spitzellohn und rund 6.800 D-Mark für ›Essensaufwendungen‹ erhalten haben.« (MDR vom 21. Februar 2013)

»Dienel selbst gab öffentlich an, er habe seine Aktionen zeitweise mit dem Verfassungsschutz abgesprochen und sie von ihm bezahlen lassen. Auch vor Gericht sei er unterstützt worden: ›Man hat mich gedeckt‹.« (Man hat mich gedeckt, spiegel-online vom 02.10.2000)

»Der Verfassungsschutz habe (…) genau gewusst, wofür er das Geld, das ihm gegeben wurde, einsetzt. Und das Amt habe auch Flugblätter, die er entworfen habe, gegengelesen. Beispielsweise als es um eine Flugblattkampagne gegen den damaligen Vizelandesvorsitzenden der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen gegangen sei.« (thueringer-allgemeine.de vom 12.7.2012)

Thomas Richter, Deckname ›Corelli‹, V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz 1994 – 2014

»Corelli kam aus Halle an der Saale. Er hatte seine Dienste zunächst dem Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt angeboten, auch vom nordrhein-westfälischen Inlandsgeheimdienst kassierte er mal Geld. Später übernahm ihn das Bundesamt und führte ihn mit einer zweijährigen Unterbrechung von 1994 bis 2014. Nach einer Enttarnung im Jahr 2012 lebte Corelli unter neuem Namen in Paderborn, weiterhin betreut von Beamten des Bundesamts. Als sie ihn im April 2014 besuchen wollten, lag er tot auf dem Bett.« (›Rosaroter-Panther‹ – Formulierung wie der NSU, SZ vom 20. 5.2015)

 

Thomas Richter war einflussreicher Neonaziaktivist aus Sachsen-Anhalt. Unter dem Decknamen ›Corelli‹ lieferte er dem Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen, unter anderem aus einem deutschen Ableger des rassistischen Ku-Klux-Klans. (taz vom 9.10.2012). Thomas Richter (in Neonaziskreisen auch HJ Thommy gerufen), war auch Herausgeber des ›Nationalen Beobachter‹ und Betreiber von mehreren neonazistischen Internetseiten. Nach dem Abtauchen der späteren NSU-Mitgliedern 1998 kamen diese für mehrere Wochen bei HJ Thommy unter. »Thomas R. engagierte sich (…) bei dem rechten Fanzine ›Der Weiße Wolf‹ in dessen Ausgabe Nummer 18 im Jahr 2002 ein interessantes Vorwort erschienen ist. Fettgedruckt, ohne nähere Erläuterung, heißt es da: ›Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen. Der Kampf geht weiter …‹. Es ist die erste bekannte Erwähnung des NSU in der Öffentlichkeit, neun Jahre bevor die einzigartige Mordserie aufgedeckt wird.« (Spiegel-online vom 18.9.2012)

Laut Sonderermittler Montag belegt eine Deckblattmeldung des BfV vom 23. Januar 1995 von Corelli, dass dieser direkte Kontakte zu Mundlos hatte: ›Habe gestern einen Mundlos getroffen …‹

›Corelli‹ betrieb den Neonazi-Fan-Artikel-Versand ›Oi Krach‹, der extra auf der Garagenliste vermerkt war.

Sowohl von der Mitarbeit, als auch von besagtem Grußwort an den NSU wusste der Geheimdienst seit Oktober 2002: »Damals übergab er (Thomas Richter, d.V.) seinem Verbindungsführer im BfV ein Exemplar des Nazi-Fanzines ›Der Weiße Wolf‹.« (FR vom 4./5.10.2014)

2005 übergab Thomas Richter seinem V-Mann-Führer eine CD mit der Aufschrift ›NSU/NSDAP‹. Das bestätigt der Sonderermittler Montag ausdrücklich. Der V-Mann-Führer vermerkte, dass sich darauf strafrechtlich Relevantes befinde. NSU/NSDAP-CD verschwand dennoch/daraufhin in der Asservatenkammer – bis 2014.

Der Sonderermittler Montag erklärte gegenüber dem PUA in Baden-Württemberg am 27.11.2015, dass ›Corelli‹ aufgrund seiner IT-Kenntnisse eine Operator-Stellung für den Ku-Klux-Klan-Chatroom erlangt hatte – mit dem Chat-Namen ›holocaust2000‹. Dort traf er auf Achim Schmid. Innerhalb des KKK hatte er die Position als ›Werber‹.

›Corelli‹ hatte lt. Sonderermittler zu zwei Neonazis aus dem NSU-Umfeld direkten Kontakt: Holger Gerlach und Thorsten Heise.

»Beim Bundesamt für Verfassungsschutz galt er als Top-Quelle. Und das Amt ließ sich seinen V-Mann einiges kosten: Insgesamt 296.842,83 Euro kassierte Corelli während seiner 18-jährigen Spitzeltätigkeit.« (Staat zahlte V-Mann fast 300 000 Euro, SZ vom 20.5.2015)

Thomas Richter ist der erste V-Mann, der sich auf der Adress- und Telefonliste der späteren NSU-Mitglieder befindet, die in der Garage in Jena 1998 gefunden wurde.

Torsten Ogertschnik/V-Mann “Erbse” des LfV Baden-Württemberg

Torsten Ogertschnik wurde bereits Ende der 80er-Jahre als V-Mann eingesetzt – im Bereich Rechtsextremismus im Raum Heilbronn. Angeblich soll er ›abgeschaltet‹ worden sein. Im Jahr 2003 tauchte Torsten Ogertschnik wieder auf: »Als der Verfassungsschützer Stengel den Informanten im August 2003 in Flein traf, will er nicht gewusst haben, dass es sich um eine frühere Quelle des Amtes gehandelt hat. Man habe ihm das nicht mitgeteilt. (…) Dass es sich bei Stauffenberg/Torsten O. um die Quelle Erbse gehandelt hat, habe er erst jetzt durch die Berichterstattung erfahren.« (kontextwochenzeitung.de vom 22.5.2013)

In den Räumen der evangelischen Kirche in Flein bei Heilbronn berichtete Torsten Ogertschnik nach eigenen Angaben folgendes: »Im letzten Themenkomplex habe ich den Bereich des Rechtsspektrums angesprochen und habe dem Herrn S. Sachen mitgeteilt, die ich von einem verdeckten Ermittler des Bundeskriminalamtes berichtet bekommen habe. Unter anderem sind in diesem Zusammenhang auch die Namen Böhnhardt und Mundlos gefallen. Ich habe vom Thüringer Heimatschutz und von dem Nationalsozialistischen Untergrund gesprochen.« (Interview mit Thomas Moser, Freitag |2015)

Nachdem sich der NSU 2011 selbst bekannt machen musste, wollte Günter Stengel mitteilen, was er 2003 erfahren hatte. »Doch dann suchten ihn Beamte des Landeskriminalamts auf und eröffneten ihm, es werde geprüft, ob er sich eines Geheimnisverrats schuldig gemacht habe.« (Thomas Moser |kontextwochenzeitung.de vom 22.5.2013)

Das passiert auch Torsten Ogertschnik: »Wenige Tage nach dem Auffliegen des NSU am 4. November 2011 in Eisenach hätten ihn drei Verfassungsschützer aus dem Bett geklingelt, berichtet O. heute. Sie hätten ihm gesagt, er dürfe mit niemandem über das Gespräch mit Günter S. reden. Die Geheimhaltungs- und Schweigepflichterklärung, die er als V-Mann 1989 abgegeben habe, gelte auch für dieses Gespräch im Jahre 2003. Würde er sich nicht daran halten, wäre das Landesverrat und Geheimnisverrat. ›Dann wurde mir noch angedroht, wenn ich nur piep sage, würde man mich aus dem Verkehr ziehen und ich würde irgendwo in einem Gefängnis vergammeln‹ …

Am 25. November wurde S. polizeilich vernommen. Am Abend jenes Tages, so berichtet es Torsten O., seien die drei Verfassungsschützer erneut vor seiner Wohnung aufgetaucht, hätten ihn unter Druck gesetzt und ihm Instruktionen für eine anstehende Vernehmung durch die Polizei-Sonderkommission ›Parkplatz‹ gegeben: ›Ich sollte sagen, wenn ich gefragt werde, das Gespräch mit dem Herrn S. hätte 10 bis 15 Minuten gedauert, und soll alles dementieren, was mit dem Rechtsspektrum im Zusammenhang steht‹.« (Staatliche Schweigepflicht, Thomas Moser, Freitag Ausgabe 28/15)

Tatsächlich gab er den Drohungen nach und leugnete den Inhalt dieses Gespräches. Im Jahr 2015 hat er diese Drohungen öffentlich gemacht und will nun den tatsächlichen Inhalt öffentlich machen.

Tino Brandt, Quellennummer 2045 mit Deckname “Otto”/ Quellennummer 2150 mit Deckname “Oskar”, V-Mann des thüringischen Verfassungsschutzes von 1995 bis 2001

Tino Brandt war organisatorischer Kopf der neonazistischen Kameradschaft ›Thüringer Heimatschutz‹. Diese neonazistische Karriere wurde mit ca. 2.000 DM im Monat staatlich finanziert:

Tino Brandt hielt Kontakt zu den untergetauchten THS-Mitgliedern und bot ihnen seine Hilfe an (Beschaffung von Pässen, Weiterleitung von Geld usw.). (Codewort ›19 Uhr‹, spiegel.de vom 23.12.2011)

1998 besorgte er drei Blanko-Reisepässe, die André Kapke an die abgetauchten THS-Mitglieder weiterleiten sollte.

Vor dem OLG in München bestätigte Tino Brandt am 15.7.2014, dass er mehrmals Geld, das er vom Thüringer Verfassungsschutz erhalten hatte, an die abgetauchten THS-Mitglieder weitergereicht habe: »Geld vom Verfassungsschutz. Auf die Nachfrage des Vorsitzenden Richters, ob das Geld tatsächlich ausdrücklich für die Weitergabe an das Trio bestimmt war, antwortete Brandt: ›Soweit ich mich erinnere, war das direkt für die Weitergabe‹.« (n-tv vom 15.12.2014)

Am 8. März 1999 wurde zwischen Tino Brandt und dem abgetauchten Uwe Böhnhardt ein Telefonkontakt (in einer Telefonzelle) vereinbart. »Das wußte der V-Mann Führer. Doch es geschah nichts.« (Das taube Ohr des Staates, SZ vom 12.1.2014). Keine Fangschaltung, kein Versuch, diesen Kontakt für eine Festnahme zu nutzen.

Tino Brand berichtet auch seinem V-Mann-Führer, »dass nun (…) Carsten S. der Kontaktmann zu dem Trio sein. Und Carsten S. überreichte den Dreien kurz darauf die Tatwaffe für neun Morde. Man hätte nur Carsten S. observieren müssen, er hätte die Ermittler direkt zum NSU geführt.« (Das taube Ohr des Staates, SZ vom 12.1.2014)

Tino Brandt ist der zweite V-Mann, der sich auf der Adress- und Telefonliste der späteren NSU-Mitglieder befindet, die in der Garage in Jena 1998 gefunden wurde.

Andreas Rachhausen, Deckname “Alex”, V-Mann des Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz ab 1996

Der Neonazi aus Saalfeld hat »unter dem Decknamen »Alex« dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz als Gewährsmann gedient, als das mutmaßliche NSU-Kerntrio 1998 untertauchte. Nach Einschätzung des polizeilichen Staatsschutzes in Saalfeld war Rachhausen zugleich selbst »einer der gefährlichsten Rechtsextremisten«, so der frühere Leiter des zuständigen Kommissariats im Juni 2012 vor dem Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss. Rachhausen galt als führende Figur der Neonaziszene in Saalfeld. Wenige Tag nach dem Abtauchen der drei Jenaer Neonazis soll er das unfallbeschädigte Fluchtauto aus Sachsen zurückgeholt haben. Erst nach der Aufdeckung des NSU nach dem Tod von Mundlos und Böhnhardt im November 2011 in Eisenach gestand er dies Beamten des Bundeskriminalamts und nannte als Auftraggeber Ralf Wohlleben, der in München wegen Beihilfe zum Mord vor Gericht steht.« (jW vom 27.5.2014)

Andreas Rachhausen ist seit Anfang der 90er Jahre in der Thüringer Neonazi-Szene: »Rachhausen war aus meiner Sicht einer der gefährlichsten Rechtsextremisten, er kam nach meinem Verständnis noch vor Tino Brandt, dem Chef des Thüringer Heimatschutzes« (Ex-Leiter der Saalfelder Staatsschutzabteilung K33, nach https://haskala.de/2013/04/10/gp-alex)

»›GP Alex‹ soll 1996 noch während seiner Haftzeit angeworben worden sein und mehrere Jahre dem Verfassungsschutz Informationen geliefert haben. Auf August 1998 datiert der letzte noch vorhandene Vermerk dazu.« (s.o.)

Belegt ist, dass er in die Flucht der späteren NSU-Mitglieder eingebunden war: Er war 1998 damit beauftragt, das Fluchtauto zurückzubringen. Davon wusste das LfV Thüringen, ohne diese Kenntnisse an die Polizei weitergegeben zu haben. (Spiegel vom 7.4.2013)

»Inzwischen räumte R., der heute im NSU-Prozess aussagen soll, ein, dass er ›Abschleppdienst‹ leistete.« (Die Spur der V-Leute, Freie Presse vom 7.11.2014)

Kai Markus Dalek, V-Mann des Landesamtes für Verfassungsschutz in Bayern

Kai Dalek war » … einer der Führungsköpfe der 1984 vom damaligen Neonazi-Führer Michael Kühnen gegründeten ›Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front‹ (GdNF) und Mitglied der 1989 aus dem Bremer Landesverband der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) heraus gegründeten Kühnen-treuen ›Deutschen Alternative‹ (DA). Der umtriebige Neonazi leitete ab 1988 die GdNF-Vorfeldorganisation ›Antikommunistische Aktion‹ (ANTIKO), eine Vorläuferorganisation der Anti-Antifa.« (bnr.de vom 17.10.2012)

Kai Dalek gehörte zu den Gründern des neofaschistischen ›Thule-Netzwerkes‹.

Kai Dalek wurde nach offiziellen Angaben vom LfV Bayern von 1994 bis 1998 als V-Mann geführt: »Auch das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat in den 1990er-Jahren einen V-Mann im Umfeld der späteren NSU-Terroristen geführt: Kai D.. Sein Name findet sich auf einer Adressliste des NSU-Mitglieds Uwe Mundlos, die 1998 nach dessen Untertauchen sichergestellt wurde.« (Auch Bayern hat V-Mann-Ärger, taz.de vom 17.10.2012)

Der V-Mann Tino Brandt bezeichnet den V-Mann Kai Dalek während seiner Zeit in Thüringen als » … sowas wie mein Vorgesetzter in der rechten Szene. Er war für den Aufbau in Thüringen zuständig, er hat uns versorgt mit Aufklebern, Flugblättern und hat für uns Kontakte hergestellt, bundesweit

»Er hat eine interessante Biographie: Erst war er Spitzel links, dann Spitzel rechts, schließlich Spitzel im Bereich ›organisierte Kriminalität‹, sein ganzes Leben lang. Mit anderen Worten ist er wahrscheinlich kein V-Mann, sondern ein verdeckter Ermittler.« (Gamma)

Kai Dalek ist der dritte V-Mann, der sich auf der Adress- und Telefonliste der späteren NSU-Mitglieder befindet, die in der Garage in Jena 1998 gefunden wurde.

Achim Schmid, V-Mann des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg

Nachdem das Innenministerium jahrelang behauptet hatte, dass es keine V-Männer im NSU-Netzwerk in Baden-Württemberg führe, musste das Innenministerium in einer vertraulichen Sitzung im November 2013 zugeben, dass der Gründer des Ku-Klux-Klans/KKK in Schwäbisch Hall, der Rassist Achim Schmid zugleich V-Mann des LfV war, nach offiziellen Angaben von 1996 bis 2000. In diese Zeit fiel auch die Gründung des KKK in Schwäbisch Hall. (›Ministerium räumt ein: V-Mann war Ku-Klux-Klan-Chef‹, stuttgarter nachrichten.de vom 11.11.2013)

»Die Chat-Nachricht in jenem Sommer 2002 hat in der Wohnung von Achim Schmid in Gailenkirchen wohl für helle Aufregung gesorgt. Der damalige Chef des rassistischen Ku-Klux-Klans hat von einem Hinweisgeber erfahren, dass sein Telefon überwacht wird, dass ein Spitzel in seinen eigenen Reihen des Geheimbundes agiert.

Das Brisante daran: Der Chatpartner war ein Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz (LFV). Als die Sache aufgeflogen war, wurde er versetzt. Öffentlich wurde die Sache allerdings erst 2012.« (Haller Tageblatt vom 18.7.2015)

»Mitglied des von Achim Schmid gegründeten KKK war auch Thomas Richter, ein Neonazi aus Halle. Richters Name stand auf jener Adressliste von Uwe Mundlos. Er hatte offensichtlich Kontakt zum späteren NSU-Trio. Was die Angelegenheit aber besonders dramatisch macht: Richter war auch V-Mann des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), Deckname Corelli. Wie die Öffentlichkeit im Jahr 2013 erfährt, 18 Jahre lang – von 1994 bis Ende 2012. Der Verfassungsschutz also selber ein Bindeglied zwischen Neonazi-Gruppen.« (http://www.kontextwochenzeitung.de/newsartikel/2013/04/spuren-des-terrors)

 

Sebastian Seemann, V-Mann des Verfassungsschutzes in NRW

Sebastian Seemann zählte zu den wichtigsten Combat 18-Figuren in Nordrheinwestfalen: „Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz hat Sebastian Seemann seit Jahren als Informanten aus der rechten Szene hofiert und ihn bezahlt. Der Mann führte eine Kneipe in Lünen, den „Störtebeker“. Dort treffen sich vorzugsweise junge Männer mit rechter Gesinnung, hier werden Festivals der einschlägigen Bands wie „Oidoxie“ organisiert; gelegentlich treten die dann auf Gedenkveranstaltungen des Nazi-Skinhead-Netzes „Blood and Honour“ im Ausland auf.“ (tagesspiegel.de vom 13.09.2007)

„Kurz nach der Aufdeckung des NSU im November 2011 machte ein ehemaliger V-Mann des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes eine bemerkenswerte Aussage: Das Vorgehen des NSU erinnere ihn stark an die „Turner Diaries“, sagte er gegenüber der Polizei aus. Dieses Werk eines US-Neonazis sei damals auch in Dortmund gelesen worden, wo Neonazis – vor dem Mord an Mehmet Kubaşık am 4. April 2006 – eine Zelle von „Combat 18“ gegründet hätten. Möglicherweise könne er auch Informationen zu weiteren, dem NSU zugerechneten Schusswaffen liefern. Bei dem aussagefreudigen ehemaligen V-Mann handelte es sich um den 2007 enttarnten Sebastian Seemann. Er war nicht nur Spitzel des NRW-Verfassungsschutzes, sondern tief in die Dortmunder Neonazi-Szene verstrickt. Er war Organisator von „Blood & Honour“-Konzerten, Drogendealer und mutmaßlicher Waffenhändler. (…) 2007 wurde Sebastian Seemann dann, im Rahmen eines Prozesses gegen den Neonazi Robin Schmiemann, als V-Mann enttarnt. (…) Dessen Telefon war wegen Ermittlungen zu Rauschgiftgeschäften, an denen Seemann, Schmiemann und weitere Dortmunder Neonazis beteiligt waren, von der Bielefelder Polizei abgehört worden. In den Abhörprotokollen fanden sich auch Gespräche von Seemann mit seinem V-Mann-Führer. In den verfänglichen Aktennotizen soll auch die Information gestanden haben, dass der V-Mann Führer Seemann vor einer Überwachung durch die Polizei gewarnt habe. (…) Laut der „Neuen Westfälischen“ vom 27. November 2007 verweigerte das Innenministerium der Staatsanwaltschaft, „unter Hinweis auf mögliche Sicherheitsrisiken, die notwendige Ermächtigung gegen einen Verfassungsschützer wegen Geheimnisverrats zu ermitteln“. Zu den NSU-Morden wollte Sebastian Seemann Aussagen machen und zur Aufklärung beitragen. Das wurde vom Gericht in München abgelehnt: „Die Nebenklage im NSU-Prozess in München beantragte deshalb im November 2014, sowohl Sebastian Seemann als auch den „Oidoxie“-Frontmann Marko Gottschalk als Zeugen zu vernehmen. Die Vertreter*innen des Generalbundesanwalts forderten daraufhin umgehend die Ablehnung dieses Beweisantrages. Im September 2015 entschied der Vorsitzende Richter Manfred Götzl, dass die beiden Zeugen Seemann und Gottschalk nicht gehört werden und auch keine Akten zur Oidoxie Streetfighting Crew“ oder zur Combat 18-Zelle in Dortmund beigezogen würden.“ (Der Skandal um den V-Mann Sebastian Seemann, NSU Watch NRW vom 21. Januar 2016)

»Seemann hielt sich in Dortmund im Umfeld der Skinhead-Rockband Oidoxie auf, die wiederum auch Verbindungen nach Kassel zur dortigen rechtsextremen Szene hat. Und auch dort hatte der Verfassungsschutz einen V-Mann: Benjamin G. Er wurde von dem Kasseler Verfassungsschützer Andreas Temme geführt.« (Die Welt vom 18.9.2013)

»Sebastian Seemann, der seit etwa drei Jahren als V-Mann für den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz tätig ist, war vor allem in der ›erlebnisorientierten‹ und gewaltbereiten Neonazi-Szene zu Hause. Nahe bei Dortmund betrieb er in Lünen eine Szenekneipe namens ›Störtebeker‹. Sein Strafregister umfasst um die 20 Einträge: Verstöße gegen das Waffengesetz, Körperverletzung, Nötigung, Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Handel mit Betäubungsmitteln.« (redok, 5. September 2007)

»Seemann stiftete Robin S. zu einem Überfall an, bei dem der Täter einen Tunesier anschoss und lebensgefährlich verletzte.« (Die Welt vom 18.9.2013)

Bei Robin S. handelt es sich um einen Neonazi: »Er gehörte lange zur Dortmunder Neonazi-Szene und sitzt seit 2007 eine achtjährige Haftstrafe wegen schwerer räuberischer Erpressung ab. (…) Mit zwei weiteren ›Kameraden‹ gehörte Robin S. der Organisation Oidoxie Streetfighting Crew an, einer Schlägertruppe um die Rechtsrockband Oidoxie.« (Die Welt vom 16.8.2013)

Beate Zschäpe, die mit Robin S. in Briefkontakt steht, nimmt auf süffisante Weise Bezug auf den Neonazi und V-Mann Sebastian Seemann.

Mirko Hesse, “Strontium”, V-Mann des BfV von 1999 bis 2003

Mirko Hesse gehört zu den Anführern der Anfang der 90er Jahre gegründeten Sächsischen Hammerskins. »Der aus Langburkersdorf bei Neustadt stammende Hesse hatte 1997 seine Firma Hate Records angemeldet. Mit Fördergeldern des Freistaats Sachsen und der EU – insgesamt 13 000 Mark – baute er sein Unternehmen schnell zu einer der zentralen Vertriebsorganisationen rechtsradikaler Nazirock-CDs aus.« (Berliner Zeitung vom 3.11.2003)

Unter anderem produzierte er die CD für die Neonaziband “Landser”.

„Unter dem Decknamen „Strontium“ wurden die Informationen in Köln abgelegt, die Hesse zwischen 1999 und 2003 lieferte. In einem Interview rühmte er sich seiner guten Kontakte zum KKK. (…) Bei einer Hausdurchsuchung fanden Ermittler eine geladene Halbautomatikpistole bei Hesse. Kurz zuvor hatte er eine CD produziert, auf der dazu aufgerufen wurde, den damaligen Vize des Zentralrats der Juden, Michel Friedmann, und die CDU-Politikerin Rita Süssmuth zu ermorden.” (stuttgarter-nachrichten.de vom 24.9.2015)

Carsten Szczepanski, Deckname “Piatto”, V-Mann des Verfassungsschutzes in Berlin/Brandenburg ab 1991 bis 1997 oder 2000

„Die Kooperation dauerte bis zum Juli 2000 an. Kurz nach “Piattos” Entpflichtung wurde er noch enttarnt und kam in ein Zeugenschutzprogramm, in dem er bis heute verharrt.“ (Thomas Moser, Telepolis vom 27. März 2018)

 

»Szczepanski selbst war offiziell Mitglied des Ku-Klux-Klans in Kansas City und erhielt in Deutschland den sehr hohen KKK-›Dienstrang‹ eines ›Grand Dragon‹. Er selbst bezeichnete sich als »Außenstelle der weißen Ritter des amerikanischen Ku-Klux-Klans« … Ein 1992 geführtes Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft gegen Szczepanski wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung in Form einer terroristischen Teilorganisation des KKK wurde wegen nicht hinreichender Bestätigung eingestellt. Dabei wurden in diesem Zusammenhang in einer von ihm vormals angemieteten Wohnung vier Rohrbomben, chemische Substanzen und eine Zündvorrichtung sichergestellt.« (AIB 97/4.2012|19.01.2013)

Die Einstellung dieses Verfahrens hängt größter Wahrscheinlichkeit nach damit zusammen, dass Carsten Szczepanski 1992 »gegenüber den BKA-Vernehmern umfangreiche Aussagen« (taz vom 27.10.2014) und seitdem als V-Mann tätig wurde: »Christoph Kliesing (Rechtsanwalt des schwer verletzten Steve Erenhi) geht inzwischen davon aus, dass sowohl ihm als Nebenklägervertreter als auch dem NSU-Bundestagsuntersuchungsausschuss umfangreiche Akten vorenthalten worden sind. Das Motiv: Wahrscheinlich sei Carsten Sz., anders als bislang immer behauptet, schon seit Februar 1992 Quelle einer Sicherheitsbehörde gewesen.« (taz vom 27.10.2014)

»Der Mann war 1995 wegen versuchten Mordes an einem Nigerianer (Steve Erenhi, d.V.) zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Er wurde damals im Gefängnis zu einem Informanten der Behörde und lieferte auch Hinweise auf die Mitglieder der Zwickauer Terrorzelle. Meyer-Plath hatte lange in der Verfassungsschutzabteilung des Brandenburger Innenministeriums gearbeitet und gehörte in den 90er Jahren zu den Führern des V-Mannes. Meyer-Plath betonte, ihm sei bekannt gewesen, dass der Mann ein führender und gefährlicher Rechtsextremist gewesen sei. Seine Vorgesetzten hätten sich aber aus strategischen Gründen für die Kooperation entschieden. ›Ich habe die Früchte geerntet und das nicht hinterfragt‹, sagte er. Meyer-Plath steht seit August kommissarisch an der Spitze des sächsischen Verfassungsschutzes. Der V-Mann lieferte 1998 auch Hinweise auf das gerade abgetauchte rechtsextreme Terrortrio NSU.« (spiegel.de vom 15.4.2013)

»Gordian Meyer-Plath, inzwischen Chef des sächsischen Landesamtes, war einer der »Piatto«-V-Mann-Führer. Er kutschierte den Freigänger, wohin der wollte, gab ihm ein Handy – zugelassen auf das Brandenburger Innenministerium – und schrieb mit einem Kollegen eifrig Treffberichte.« (Affront gegenüber NSU-Opfern, ND vom 25.10.2014)

Nach seiner Haftentlassung 1999 machte er sich als Neonazis und V-Mann an den Aufbau von Wehrsportgruppen und beteiligte sich aktiv daran, einen Ableger von ›combat 18‹ aufzubauen. Nach Aussagen des Neonazi Nick Greger besorgte er auch den Sprengstoff und die Waffen, die bei Strafaktionen gegen Linke/Antifas 2000 zum Einsatz kommen sollten.

»Das Nazi-Fanzine ›United Skins‹ wurde von dem KKKler Carsten Szczepanski herausgegeben, der als V-Mann ›Piatto‹ jahrelang für den Brandenburger Verfassungsschutz spitzelte. Sein V-Mann-Führer war damals der Verfassungsschützer Gordian Meyer-Plath, inzwischen Chef des sächsischen Verfassungsschutzes und selbst Mitglied einer rechten Organisation, der ›Burschenschaft Marchia Bonn‹.« (

Nach vollbrachter staatlich geförderter Neonazitätigkeit wurde er im Rahmen eines ›Zeugenschutzprogrammes‹ in Großbritannien untergebracht. Dort lebt er in Reading – Caversham.

Wie gut der Neonazi und V-Mann nach wie vor ›bereut‹ wird, geht aus einer Stellungnahme der Bundesregierung hervor: Nach deren Kenntnis haben »Treffen des Angeklagten C. S. mit Personen, die als Zeuginnen und Zeugen im NSU-Prozess vor dem OLG München infrage kommen, stattgefunden, zu denen C. S. von Beamten des BKA-Zeugenschutzes begleitet wurde«. Um »die Zeugenschutzmaßnahmen für C. S. und damit dessen Leben und körperliche Unversehrtheit sowie Leben und körperliche Unversehrtheit von dessen Kontaktpersonen und den weiteren Verlauf des Strafverfahrens und der Ermittlungen im NSU-Fall nicht zu gefährden«, könnten jedoch keine Angaben zu den betreffenden Personen und ihrem Verhältnis zum Beschuldigten noch zu Ort, Datum und Häufigkeit der Zusammenkünfte gemacht werden. (Deutscher Bundestag, Drucksache 18/682 vom 28.2.2014)

Der Verfassungsschutz Brandenburg behindert (oder im Kern: verhindert) durch eine sogenannte ›Sperrerklärung‹, dass der Neonazi und V-Mann in Münchner NSU-Prozess umfänglich aussagt. Diese Sperrerklärung wurde vom Innenministerium verfasst. Dieses wird von der Partei ›Die Linke‹ geführt, im Rahmen einer rot-roten Landesregierung.

»Der wird nur noch getoppt durch ein achtseitiges Schreiben des Brandenburger Staatssekretärs Matthias Kahl (SPD). Der lehnt es ab, dass sich das Gericht mit der Akte ›Piatto‹ beschäftigt. Laut Spiegel Online behauptet Kahl, ›das Bekanntwerden des Inhalts dieser Akten (würde) dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten‹. Die Unterlagen seien ›geheimhaltungsbedürftig‹, weil sie Rückschlüsse ›auf die Beobachtungsintensität nachrichtendienstlicher Arbeit‹ zuließen und Schwerpunkte sowie Interessen ›aller Verfassungsschutzbehörden‹ in der rechtsextremen Szene erkennen ließen. Für die Landesregierung geben es keinen plausiblen Grund, der es rechtfertigen könnte, dass Dritte Einblick in diese Unterlagen erhalten. Es falle zudem ins Gewicht, dass wegen der Größe des Prozesses ›eine unüberschaubare Vielzahl von Personen Einblick in diese Unterlagen erhalten würde (Nebenkläger)‹, ging Kahl direkt die um Aufklärung bemühten Rechtsbeistände der Opferfamilien an.« (ND vom 20.8.2015)

Der V-Mann Führer von „Piatto“ erklärte als Zeuge vor dem Gericht in München am 2.3.2016, dass ihm „Piatto“ bereits 1998 „erzählt (habe), die Unterstützer wollten Waffen für die drei besorgen und aus Konzerterlösen bezahlen. ‚Piatto’ habe ihm als Info-Quelle zwei Anführer der „Blood & Honour“-Gruppe genannt. Das war 1998 einer der wenigen Hinweise bundesweit auf den NSU. Bekannt ist auch, dass der NSU sich die Waffen für Banküberfälle besorgen wollten, um die Flucht nach Südafrika zu finanzieren. Brandenburgs Verfassungsschutz mauerte bei der Verwertung der Hinweise in Sachsen und Thüringen. ‚Piatto’ hatte vom brandenburgischen Verfassungsschutz ein Handy erhalten, das aber der Zeugenaussage zufolge im August 1998 ausgetauscht worden sei. Ausgewertet worden sei es aber nicht. Darauf soll sich eine SMS des Chemnitzer Neonazi-Anführers Jan W. befunden haben mit den Worten: ‚Was ist mit dem Bums?’ Damit waren offenbar Waffen gemeint.“ (pnn.de vom 3.3.2016)

Die Vernichtung von Beweismitteln geschah – nach Darstellung des Ministeriums routinemäßig: „Es ist nicht unüblich, dass Kommunikationswege neu gestaltet werden.“

„Mit diesem Handy hatte es allerdings eine spezielle Bewandtnis. Am 25. August 1998 landete darauf eine SMS, abgeschickt von Jan W. an „Piatto“: „Was ist mit den Bums“? Nach heutiger Lesart der Ermittler soll sich W. bei „Piatto“ nach Waffen erkundigt haben, die dieser dem abgetauchten Trio zugedacht haben soll. Jan W. und „Piatto“ bestreiten das. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen W. wegen eines Anfangsverdachts auf „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“.

„Christoph K., der Anwalt des Opfers Steve E., macht nun vor dem Ausschuss Aussagen, die den Verdacht bestärken, dass Sz. bereits vor 1994 Informant eines Dienstes gewesen ist. Möglicherweise in Berlin, wo Sz. herstammt oder beim Bundesamt für Verfassungsschutz. In Brandenburg wurden Quellen erst ab 1993 angeworben. Vor dem Oberlandesgericht in München hatte Sz. selber erklärt, er sei schon seit 1991 ein “Informant” gewesen. Sollte das stimmen, hätte er den Mordversuch an Steve E. als Mitarbeiter eines Dienstes begangen.

“Die Quelle Piatto erfuhr bundesweit Beachtung, weil sie Erkenntnisse in quantitativer wie qualitativer Hinsicht lieferte, die sowohl für das Bundesamt als auch für die Landesämter für Verfassungsschutz von größtem Gewicht waren.” (Andreas L., Leiter des Referates “Beschaffung” im LfV Baden-Württemberg/ Thomas Moser, Telepolis vom 27. März 2018)

„Der V-Mann “Piatto” berichtete seine Erkenntnisse aus Chemnitz dem Verfassungsschutzamt von Brandenburg, das ihn führte. Doch von dort gingen diese sogenannten “Deckblatt-Meldungen” alle auch ans Bundesamt für Verfassungsschutz nach Köln. Das erklärten jetzt vor dem Untersuchungsausschuss (UA) in Potsdam ehemalige Verantwortliche des Verfassungsschutzes, darunter Jörg Milbradt, der ehemalige Vizechef des Amtes. Nicht nur Landesbehörden, auch das BfV wusste also, dass sich die drei in der sächsischen Stadt aufhielten.“ (Thomas Moser, Telepolis vom 27. März 2018)

 

Thomas Starke, VP 562, V-Mann des Berliner Landeskriminalamtes/LKA

Thomas Starke war einer der führenden Köpfe der sächsischen ›Blood & Honour‹-Sektion. Thomas Starke war nicht nur eine wichtige Figur in der Neonaziszene. Er war mit Beate Zschäpe liiert, er besorgte dem NSU auch den Sprengstoff, der 1998 in der von Beate Zschäpe angemieteten Jenaer Garage gefunden wurde/gefunden werden sollte.

Offiziellen Angaben zufolge wurde Thomas Starke von 2000 bis 2011 als ›Vertrauensperson‹, also Spitzel vom LKA Berlin geführt. Ob die geschredderten Akten zu zahlreichen V-Leuten belegen könnten, dass Thomas Starke zuvor V-Mann des Verfassungsschutzes in Sachsen war, müssen die Behörden klären. Belegt ist zwischenzeitlich, dass Thomas Starke vor seiner Übernahme durch das LKA Berlin eine »langjährig geführte Vertrauensperson« (MATA GBA – 3/47 a – 58, Blatt 307 ff) war.

Dann wäre die Frage beantwortet, wer die späteren NSU-Mitgliedern mit Sprengstoff versorgt hatte: ein V-Mann. Der Sprengstoff wurde nach Beschlagnahmung vernichtet, obwohl die Aufbewahrungsfrist für Sprengstoff-Asservate bei zehn Jahren liegt.

Thomas Starke war auch an der Illegalisierung der THS-Mitglieder beteiligt. U.a. besorgte er den ersten Unterschlupf.

Thomas Starke ist der vierte V-Mann, der sich auf der Adress- und Telefonliste der späteren NSU-Mitglieder befindet, die in der Garage in Jena 1998 gefunden wurde.

Andreas Rachhausen, “Alex”, V-Mann des LfV Thüringen

Mitglied im THS/Saalfeld. (Quelle: Der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss. Blicke in den VS-Abgrund, AIB 101 vom 28.1.2014)

Marcel ›Riese‹ Degner, Deckname “Hagel/2100”, V-Mann des LfV Thüringen

Er war Sektionschef des Neonazi-Netzwerkes ›Blood & Honour‹ (B & H) in Gera/Thüringen und Kassenwart von B & H Deutschland. Was er genau als V-Mann und Neonazi gemacht hat, soll nicht mehr nachvollziehbar sein. Den Thüringer Untersuchungsausschuss ließ man wissen, »dass sämtliche Treffberichte des Spitzels aus seiner Verfassungsschutzakte ›verschwunden‹ sind.« (Thüringer Allgemeine, online-portal vom 10.3.2015)

Quelle: Der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss. Blicke in den VS-Abgrund, AIB 101 vom 28.1.2014)

„Sein V-Mann-Führer (Jürgen Zweigert) bestätigte heute nicht nur, dass es sich bei „Hagel“ um Marcel Degner handelte, sondern erklärte sogar, dieser habe als sehr quellenehrlich gegolten und bei jedem der wöchentlichen Treffen über drei Jahre hinweg mehrere hundert DM an Prämien erhalten. Damit ist Degner auf einer Ebene mit dem V-Mann Brandt zu sehen: er war an herausragender Stelle tätig (der Zeuge sprach davon, der V-Mann habe „gute Aufbauarbeit“ der B&H-Struktur geleistet) und erhielt dafür eine ähnlich hohe finanzielle Gratifikation wie Brandt.

Ein weiterer V-Mann-Führer von Degner, der Zeuge Wießner, hatte in der Hauptverhandlung vom 22.04.2015 ausgesagt, in der (Personal-)Akte Degners im Thüringer Landesamt seien nur noch drei Seiten mit wenig Informationen, der Rest der Akte sei vernichtet.“ (Quelle: Rechtsanwalt Alexander Hoffmann und Rechtsanwalt Dr. Björn Elberling)

“Jule”, V-Frau des LfV Thüringen

Juliane Walther ist Ex-Freundin von Ralf Wohlleben aus Jena. (Quelle: Der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss. Blicke in den VS-Abgrund, AIB 101 vom 28.1.2014)

VP 620, V-Mann des LKA Berlin von 2001 bis 2003

V-Mann ›620‹ war in der neonazistischen Musikszene in Sachsen, rund um die Band ›Landser‹ aktiv.

»Das Landeskriminalamt hat im vergangenen Oktober von sieben Berichten aus alten Akten zu seinem früheren Spitzel ›VP 620‹, der mit dem Umfeld des Thüringer Trios in Kontakt stand, nur zwei dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages und dem Abgeordnetenhaus zugeleitet … Nach Informationen des Tagesspiegels hat die VP 620 dem Landeskriminalamt über Aktivitäten der sächsischen Neonazis Jan W. und Mirko H. berichtet sowie über den Brandenburger Rechtsextremisten Toni S. … Interessant erscheint auch, dass VP 620 in Kontakt zum Neonazi Toni S. stand, der 2006 möglicherweise Uwe Mundlos in Dortmund kurz vor dem NSU-Mord an dem Deutschtürken Mehmet Kubaşık getroffen hat. Jedenfalls hat das ein Spitzel der Dortmunder Polizei behauptet.« (tagesspiegel.de vom 8.5.2013)

Bei besagten Neonazis handelt es sich um Jan Werner und Toni Stadler, letzterer war zugleich V-Mann des Brandenburger Verfassungsschutzes.

Johann Helfer, V-Mann des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen von 1984 – 2012

“Seit Tagen wird in mehreren Medien darüber spekuliert, dass der geheime Mitarbeiter des NRW-Verfassungsschutzes, Johann H., mit einer der NSU-Taten in Verbindung stehen könnte. Die ehemalige Leiterin des NRW-Verfassungsschutzes, Mathilde Koller, hat im Februar 2012 in einem Vermerk an die Generalbundesanwaltschaft eine Ähnlichkeit zwischen V-Mann und dem Phantombild festgestellt, das die Kölner Polizei 2001 veröffentlicht hatte. (…) Auch nach dem Hinweis der NRW-Verfassungsschutzchefin Koller im Jahr 2012 ist V-Mann H. nicht von der Polizei vernommen worden. (…) Die Kölner Opfer-Anwältin Edith Lunnebach kritisiert gegenüber WESTPOL, dass der V-Mann des NRW-Verfassungsschutzes nicht vernommen wurde, obwohl er bereits 1985 wegen eines Sprengstoffdeliktes verurteilt worden war, eine Ähnlichkeit zum Phantombild aufweise und bis heute unklar sei, wo er sich zum Zeitpunkt der Tat in der Probsteigasse aufgehalten habe.” (wdr. de vom 19.6.2015)

Das Phantombild wurde von Zeugen des Anschlages auf ein Geschäft in der Probsteigasse am 19. Januar 2001 in Köln angefertigt.

Peter Klose, V-Mann des Verfassungsschutzes in Sachsen

Langjähriger NPD-Funktionär: »Übereinstimmend berichten LVZ (Dienstags-Ausgabe) sowie DIE WELT online, dass Klose ›bis Ende der 1990er Jahre‹ für den Verfassungsschutz gearbeitet haben soll … Ermittler nehmen an, dass eine engere Bekanntschaft bestehen könnte zwischen Klose und dem Eminger-Paar, das den untergetauchten Neonazis u.a. Personaldokumente zur Verfügung gestellt haben soll. André Eminger wird daher ab Mitte April neben Beate Zschäpe und weiteren Unterstützern in München vor Gericht stehen.« (Gamma vom 25.3.2013)

V-Männer ›Treppe‹, ›Tobago‹, ›Tonfall‹, ›Tonfarbe‹, ›Tusche‹, ›Tinte‹, ›Terrier‹, ›Trabit‹, ›Tarif‹ …

Mit diesen bisher bekannt gewordenen Decknamen wurden zwischen 1997 und 2003 mindestens acht Neonazis aus dem Umfeld des Thüringer Heimatschutzes/THS im Rahmen der ›Operation Rennsteig‹ (eine gemeinsame Anwerbeaktion vom BfV, dem Landesamt für Verfassungsschutz Thüringen und dem Militärischen Abschirmdienst/MAD) als Quellen ›gewonnen‹: »Letztlich sind es mindestens acht Quellen, die durch ›Rennsteig‹ gewonnen wurden. Sechs V-Leute wurden vom Bundesamt gelenkt, zwei vom Thüringer Landesamt. Und mindestens ein V-Mann arbeitet dem MAD zu.« (Verfassungsschutz rätselt über sich selbst, FR vom 30.5./1.6.2012)

Die Akten zu den V-Leuten ›Tobago‹, ›Tusche‹, ›Treppe‹, ›Tonfarbe‹, ›Tacho‹, ›Tinte‹ und ›Tarif‹ wurden beim BfV am 10. November 2011 geschreddert.

V-Mann „Teleskop“ | Bundesamt für Verfassungsschutz

Es handelt sich um einen Funktionär der Jugendorganisation der NPD, Junge Nationale/JN in Jena/Thüringen. In den Treffberichten werden wichtige Personen des späteren NSU-Netzwerkes abgefragt: André Kapke, Ralf Wohlleben und “die noch flüchtigen Rohrbombentäter”. Der V-Mann-Führer war Referatsleiter ”Lothar Lingen”, der im November 2011 die Vernichtungen von V-Mann-Akten angeordnet hatte. (Die Geheimnisse des Lothar Lingen, DIE ZEIT Nr. 4/2017, 19. Januar 2017)

Der Neonazi und V-Mann “Teleskop” hatte hervorragende Verbindungen zum THS. Seinem V-Mann Führer mit Deckname Lothar Lingen berichtete er “über einen mutmaßlichen NSU-Unterstützer – Ralf Wohlleben. Und: Der V-Mann erwähnt die „flüchtigen Rohrbombentäter“ – also, das damals flüchtige Trio Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt.“” (Frontal 21)

Der besagte V-Mann-Führer und Referatsleiter im BfV will bis heute nichts von dem gewusst haben, was ihm seine V-Leute gesagt hatten.

V-Mann Michael Doleisch von Dolsperg /vormals Michael See – Deckname ›Tarif‹, V-Mann des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) von 1996 bis 2003

»Er war von 1994 bis wenigstens 2002 einer der wichtigsten Neonazi-Aktivisten Deutschlands. See hatte Verbindungen zur Terrorgruppe ›Combat 18‹ und engen Kontakt zum Neonazi-Netzwerk ›Thüringer Heimatschutz‹. Polizeiakten belegen, dass Michael See mit vielen Unterstützern des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Verbindung stand, darunter V-Mann Tino Brandt, der den Thüringer Heimatschutz mit aufgebaut hatte.« (Dokumentationsarchiv vom 1.10.2013)

Er gehörte zu den Mitherausgebern der Neonazi-Postille ›Sonnenbanner‹, in der in den 90er Jahren die Strategie des ›führerlosen‹ Terrors in Zellenstrukturen dargestellt und propagiert wurde: In einem von Dolsperg verfassten Text heißt es: »Daher haben wir den Weg gewählt, der am schwierigsten, am unbequemsten und am steinigsten ist: Den Untergrund, die autonomen Zellen-Strukturen (…) Wir wollen die BRD nicht reformieren — wir wollen sie abschaffen.« Für ein Leben in Freiheit »lohne es sich, alles zu opfern, um Sicherheit, Glück und Zukunft unserer Kinder und unserer Rasse zu gewährleisten. Was können wir verlieren außer unserem Leben?« (Das Ende oder Neuanfang)

Diese Neonazi-Postille lag dem V-Mann- Führer sogar vorab vor.

Angeworben wurde dieser Nazi-Funktionär im Rahmen der ›Operation Rennsteig‹. Für seine Spitzeldienste bekam er über 66.000 DM. Zahlungen an den V-Mann sind bis ins Jahr 2003 dokumentiert (Andreas Förster, Verfassungsschutz verhindert Spiegelstory? Andreas Förster – Radio Frei vom 6.11.2014: http://www.youtube.com/watch?v=eREQJS1H9e0&feature=youtu.be)

Kurz nachdem die Bundesanwaltschaft den NSU-Komplex übernahm, wurde seine Akten vernichtet.

2012 bekam das Magazin ›Der Spiegel‹ Kontakt zu Michael See, der mittlerweile in Schweden lebt. Im September führte man dort für einen Artikel Gespräche. Danach informierte der V-Mann seinen (ehe.) Arbeitgeber: das BfV in Köln. Seine formulierte Angst, jetzt könne er auffliegen, konterte das BfV sinngemäß: »Wir werden uns an die Spiegel-Redaktion wenden und darum bitten, dass der Artikel nicht erscheint.« (Andreas Förster, s.o.)

Tatsächlich erschien der Artikel nicht. Als der V-Mann ›Tarif‹ im Oktober 2013 dennoch enttarnt wurde, schob DER SPIEGEL den auf Eis gelegten Artikel nach. Der im September 2012 verfasste Artikel erschien schließlich im Februar 2014 (http://www.linksnet.de/de/artikel/32006)

Die vernichteten Akten konnten/wurden nur zum Teil rekonstruiert, vor allem die Treffberichte ab der neonazistischen Terror- und Mordserie des NSU 2000 fehlen. Genau fehlte die Dokumentation der Quittungen – für bezahlte Spitzeldienste.

»Vor dem Bekanntwerden des Inhalts hatte man Angst, weil möglicherweise da Bezüge auch des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu dem Trio deutlich geworden wären.« (Hans-Christian Ströbele (B90/Grüne)

 

»In seiner achtstündigen Vernehmung vom 10. März 2014 (…) erklärte der in Schweden lebende von Dolsperg, der Jenaer Neonazi André K. (André Kapke, d.V.) habe ihn Anfang 1998 angerufen und gebeten, die gerade untergetauchten Rechtsextremisten Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zu verstecken. Von Dolsperg will daraufhin sofort seinen V-Mann-Führer beim Verfassungsschutz namens ›Alex‹ verständigt haben. Noch am selben Tag habe ›Alex‹ ihn zurückgerufen und erklärt, er solle dem Trio keinen Unterschlupf gewähren.

Sollte dies stimmen, hätte der Verfassungsschutz eine große Chance verpasst, die Flüchtigen aufzuspüren und die Mordserie des NSU zu verhindern. André K. hat nach den vorliegenden Informationen inzwischen bestritten, von Dolsperg um Hilfe für das Trio gebeten zu haben. Auch das BfV weist die Darstellung des einstigen Zuträgers zurück. Dokumente helfen bei der Aufklärung nicht weiter: Das BfV hat die Akte zum V-Mann ›Tarif‹ im November 2011 geschreddert, kurz nach dem Auffliegen des NSU.« (FOCUS vom 5.6.2014)

Der Neonazi und V-Mann Michael von Dolsperg behauptet in einem aktuellen Buch-Exposé: »Ich hätte den NSU stoppen können.«

Carsten Schultze – V-Mann ›Delhi‹?

Bis Ende der 90er Jahre war Carsten Schultze fest in der Neonaziszene organisiert. Er war Mitglied im Thüringer Heimatschutz/THS und pflegte beste Kontakte zu den drei namentlich bekannten NSU-Mitgliedern. Im Jahr 2000 wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden der ›Jungen Nationalisten‹ in Thüringen gewählt. Kurz danach will er aus der Neonaziszene ausgestiegen sein.

›Tusche‹ oder ‹Delhi‹?

Der V-Mann mit dem Decknamen Tusche, der im Rahmen der ›Operation Rennsteig‹ gewonnen wurde, entspricht nach Spiegel-Recherchen exakt dieser Beschreibung: »›Tusche‹ kam ebenfalls 2000, stieg aber noch im selben Jahr wieder aus.« (DER SPIEGEL 27/2012)

Die Rechtsanwälte Alexander Hoffmann und Dr. Björn Elberling sprechen hingegen von einem Anwerbevorgang mit dem Decknamen ›Delhi‹, die Geburtsstadt des Neonazis.

Dass heute angeblich nicht mehr überprüft werden kann, ob Carsten Schultze als V-Mann angeworben wurde, und wenn ja, wie lange er für den Verfassungsschutz arbeitete, hat einen äußerst brisanten Grund:

Carsten Schultze sitzt in dem NSU-Verfahren in München ebenfalls auf der Anklagebank: Ihm wird vorgeworfen, die Tatwaffe, eine ›Ceska 83‹ besorgt zu haben: Carsten Schultze »leitete die Waffe im Jahr 1999 oder 2000 an die flüchtigen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe weiter.« (Focus vom 26.02.2012)

Würde sich herausstellen, dass Carsten Schultze V-Mann war, dann hätte der Verfassungsschutz die Mordwaffe dem NSU zukommen lassen. (Weiteres zum V-Mann Tusche findet sich unter: http://www.dasdossier.de/notizen/tusche-und-tarif)

Marcel Degner, V-Mann des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, Quelle 2100

»Treffen sich zwei V-Männer …

Was sich auf einem solchen Neonazikonzert an einem Novemberabend 1999 in Schorba bei Jena abspielte, gleicht einem Sittengemälde deutscher Geheimdienstgeschichte. Da treffen sich ein V-Mann und ein zukünftiger V-Mann: Marcel Degner ist zu diesem Zeitpunkt nicht nur Thüringer Sektionsleiter und bundesweiter Kassenwart des internationalen ›Blood & Honour‹-Netzwerks, sondern gilt auch als eine der wichtigsten Quellen des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz. Auf dem Konzert spricht Degner alias ›Quelle 2100‹ den sächsischen ›Blood & Honour‹-Funktionär und zukünftigen V-Mann des Berliner Landeskriminalamtes, Thomas Starke an. Degner will den untergetauchten Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe, die seit Anfang 1998 wegen unerlaubten Sprengstoffbesitzes per Haftbefehl gesucht werden, eine Spende zukommen lassen. Starke hat mal was mit Beate Zschäpe gehabt und schwärmte noch lange für sie. Jedenfalls gibt er das später als Grund an, warum er Zschäpe und ihren Komplizen über ein Kilo Plastiksprengstoff und nach dem Untertauchen das erste Quartier in Chemnitz besorgt hat. Das Trio bräuchte jetzt kein Geld mehr, versichert er dem V-Mann Degner am 13. November 1999. Die Untergetauchten würden jetzt »jobben«. Nach heutigen Erkenntnissen haben sie da bereits Banküberfälle begangen. In den nächsten zwölf Jahren folgen weitere Überfälle und zehn Morde. Starke hat das spätere ›Zwickauer Terrortrio‹ angeblich im April oder im Mai 1998 zum letzten Mal gesehen – das wird er jedenfalls in einem Interview im Herbst 2012 beteuern, als er gerade Thema Nummer eins im Berliner Innenausschuss geworden ist. ›Quelle 2100‹ soll zwar schon 1999 dem Verfassungsschutz über die Begegnung mit Starke auf dem Neonazikonzert und die finanzielle Lage der drei Gesuchten berichtet haben – nach Aktenlage sei die Information aber nicht an das Landeskriminalamt weitergeleitet worden, heißt es nach dem Auffliegen der Terrorzelle im Untersuchungsbericht des Bundesrichters a.D. Gerhard Schäfer. Im September 2012 musste der Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtags erfahren, dass sämtliche Treffberichte aus der Akte des V-Mannes Degner verschwunden seien.« (jW vom 07.11.2012)

Ralf Marschner, Deckname “Primus”, V-Mann des Verfassungsschutzes/BfV ab 1992

Ralf Marschner war Mitglied einer Skinhead-Band und lebte bis 2007 in Zwickau. In den 90er Jahren unterhielt er in Zwickau mehrere neonazistische Szeneläden: »The Last Resort Shop wurde Ende der 90er Jahre von Ralf Marschner eröffnet. Marschner gehört zum Umfeld des deutschen Ablegers von ›Blood & Honour‹. (http://aargb.blogsport.de/2009/12/29/angriff-auf-den-naziladen-the-last-resort-shop-zwickau)

»Ein Zeuge will Ralf M. im Sommer 1998 mit Mundlos und Böhnhardt in Greiz gesehen haben. Ein Geschäftspartner M.s behauptet zudem, Beate Zschäpe sei später häufig in einem von M. und ihm geführten Laden gewesen.« (Die Spur der V-Leute, Freie Presse vom 6.11.2014)

»In seiner heutigen Ausgabe greift SPIEGEL online die Machenschaften des ex V-Manns Ralf M. aus Zwickau auf, der unter dem Decknamen “Primus” geführt wurde. Bei Ralf M. handelt es sich laut des Antifa-Rechercheteams Zwickau um den einschlägig bekannten Nazi Ralf “Manole” Marschner. Bereits Ende Januar wurde durch einen Bericht des SPIEGEL bekannt, dass Ralf M. seit Jahren für den sächsischen Verfassungsschutz arbeitete. Er selbst hatte allem Anschein nach Kontakte zu allen Mitgliedern des NSU Trios. Schon damals geriet die Verschleierungstaktik des Inlandsgeheimdienstes in die Kritik, da er nur spärliche Informationen den ermittelnden Behörden zur Verfügung stellte und seinen V-Mann aktiv schützte. Neue Hinweise belegen jetzt, dass Ralf M. evtl. die Mietwagen für zwei NSU Morde im November 2001 in München und Nürnberg besorgt haben soll. Wenn sich diese Hinweise bestätigen, zeigt dies abermals, dass der Inlandsheimdienst wesentlich aktiver und direkter in die NSU Morde involviert war, als bisher behauptet.« (http://nsuprozess.info/2013/03/29/fruherer-v-mann-besorgte-moglicherweise-mietwagen-fur-nsu-morder vom 29.3.2013)

»Seit 1992, fast ein Jahrzehnt lang, soll der Mann für den Verfassungsschutz im Bereich Rechtsextremismus als Quelle gearbeitet haben … Der Informant kennt mindestens vier der Beschuldigten in dem NSU-Komplex, darunter Andre E. (…) Mit Jan W. (…) hat er noch im Vorjahr über das NSU-Verfahren gechattet.« (SZ, Ostern 2013). Unter anderem war er Mitorganisator von Neonazi-Busfahrten nach Ungarn. Neonazi und V-Mann ›Primus‹ unterhielt »von 2000 bis 2002 in Zwickau eine Baufirma, die bald auch in München und in der Nähe von Nürnberg tätig war. Im Sommer 2001 (im Juni und August, d.V.) hatte er bei einer Autovermietung in Zwickau einen Audi A2, einen Mercedes Sprinter und einen VW-Golf gemietet. Die Autos sind für lange Fahrten genutzt worden, der Zeitraum überschneidet sich mit den Morden (in Nürnberg am 13. Juni 2001 und in München am 29.August 2001, d.V.), aber ein Beweis ist das nicht. (…) Einer seiner Leute, der im Sommer 2001 einen Wagen für die Firma anmietete, wohnte in der Polenzstrasse in Zwickau. Ein paar Monate zuvor war das Neonazi-Trio in die Polenzstrasse gezogen.« (SZ, Ostern 2013)

„Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur während ihrer Zeit im Untergrund in Zwickau in einem Geschäft gearbeitet haben, das von einem V-Mann des Verfassungsschutzes betrieben wurde. Bei dem Betreiber des Ladens soll es sich um Ralf Marschner gehandelt haben, der unter dem Tarnnamen “Primus” für das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln (BfV) tätig war. Er soll nach einem Bericht der “Welt” auch das andere NSU-Mitglied Uwe Mundlos beschäftigt haben. Eine Sprecherin des BfV wollte den Vorgang nicht kommentieren.

Mundlos sei unter einer Tarnidentität in den Jahren 2000 bis 2002 als Vorarbeiter eines Bauunternehmens im sächsischen Zwickau eingesetzt gewesen, berichtet ein “Welt”-Autorenteam um Stefan Aust in der ARD-Dokumentation “Der NSU-Komplex”. Der Inhaber der Firma war der Neonazi Marschner. Damit stellt sich aus Sicht der Autoren einmal mehr die Frage nach NSU-Mitwissern im Umfeld der Nachrichtendienste oder beim Verfassungsschutz selbst (…) Der Spitzel sei offiziell 2002 vom Verfassungsschutz abgeschaltet worden “ (nt-v. de vom 7.4.2016)

„Gegen Ralf Marschner, Neonazi aus Zwickau und ehemaliger V-Mann, liegt seit 2012 ein Haftbefehl vor, der noch immer nicht vollstreckt worden ist. Marschner hatte dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) von 1992 bis 2002 als V-Mann „Primus“ berichtet. Er war in Zwickau eingesetzt, der Stadt, in der Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe vom Jahr 2000 an gelebt hatten. (…) Die zuständige Staatsanwaltschaft (hat) danach nichts unternommen, um den Haftbefehl gegen Marschner vollstrecken zu lassen.“ (Aust/Laabs, Die Welt vom 22.6.2016)

Toni Stadler, V-Mann des Verfassungsschutzes Brandenburg

„S. verdiente vor seiner Verhaftung sein Geld mit dem Vertrieb von knüppelhartem Nazi-Rechtsrock: „Je verbotener, desto besser, desto geiler wurden sie verkauft.“ Im November 2002 wurde er dann wegen Volksverhetzung, Gewaltdarstellung und der Verwendung von verfassungsfeindlichen Kennzeichen zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Er wolle, sagt S. irgendwann in Düsseldorf, diese „intensive Zeit“ nicht missen.“ (ruhrnachrichten.de vom 27.4.2016)

Bis 2003 aktiv in der Neonaziszene in Cottbus und Guben. Offiziell wurde das Beschäftigungsverhältnis mit dem VS Brandenburg im Jahr 2002 beendet. 2003 zieht er nach Dortmund um, und will sich aus der Neonaziszene gelöst haben. Tatsächlich bestätigt ein weiterer V-Mann mit Codename ›Heidi‹, dass es am 1.4.2006 ein Treffen zwischen (Ex-)V-Mann Toni Stadler und Mundlos in Dortmund gab. Drei Tage später, am 4.4.2006 wird der 39-jährige Mehmet Kubaşık in Dortmund ermordet.

„In Dortmund war am 4. April 2006 ein türkischer Kioskbesitzer mit Kopfschüssen getötet worden. Der Ausschuss konfrontierte Toni S. nun mit der brisanten Zeugenaussage eines Taxifahrers. Dieser hatte angegeben, er habe Toni S. am 1. April 2006 – drei Tage vor dem Mord – zum Dortmunder Hauptbahnhof gebracht, wo S. einen Mann und eine Frau abgeholt habe. Später gab der Fahrer an, der abgeholte Mann sei Mundlos gewesen, er habe ihn auf Fotos erkannt. Toni S. wies das als Lüge zurück, der Taxifahrer sei ein “Spinner”.“ (welt.de vom 27.4.2016)

Zeugenvernehmung am 27.4.2016 vor dem PUA in Düsseldorf:

„Dass S. nach Dortmund gekommen war, war nicht überall in Polizeikreisen bekannt. So hatte der Leiter der Mordkommission „Kiosk“, die im Mordfall Kubasik ermittelte, angegeben, vom Aufenthalt von S. 2006 in Dortmund keine Kenntnis zu haben. Eine damalige Abfrage habe ergeben, dass S. im Polizeisystem noch als im Gefängnis sitzend geführt worden war. Wie es zu dieser Fehlinformation kommen konnte, ist bis heute unklar. Und mindestens der polizeiliche Staatsschutz, ebenfalls angesiedelt im Polizeipräsidium Dortmund, wusste von Anfang an von S.’ Ansiedlung in der Stadt. Als 2003 dessen Mutter gestorben war, habe ihn der Staatsschutz besucht und ihm das mitgeteilt, so S. am Mittwoch. (…)

Ermittlungsverbot von der Generalbundesanwaltschaft

Als die Dortmunder Kriminalpolizei dann nach 2011 der Spur von S. näher nachgehen wollte, konnte sie das nicht. So sagte der Leiter der Mordkommission vor Wochen aus, er habe von der Generalbundesanwaltschaft die Order erhalten, S. nicht als Verdächtigen zu führen. Eine Begründung bekam er dafür nicht: „Mir wurde gesagt, dass es mir nicht zusteht, da weiter nachzufragen.“

Und das ist nicht die einzige Merkwürdigkeit, die in der Arbeit des Ausschusses zu beobachten ist. So kritisierte der Vorsitzende Sven Wolf am Mittwoch ungewohnt scharf die Zusammenarbeit des Ausschusses mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz: „Wir haben bis heute – entgegen einer Zusage – keine Akten aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz bekommen. Die Begeisterung über das Bundesamt halte sich in diesem Ausschuss in Grenzen, so Wolf weiter.“ (ruhrnachrichten.de vom 27.4.2016)

Kai-Uwe Trinkaus, Deckname “Ares”, V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes

»Der frühere Erfurter NPD-Kreischef outete sich als jahrelanger V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes. Zwischen 2006 und 2010 habe er unter dem Decknamen Ares regelmäßig Informationen an den Geheimdienst geliefert, sagte er dem Sender MDR.« (süddeutsche.de vom 6.12.2012).

Benjamin Gärtner (GP 389), V-Mann des LfV in Hessen seit 2002, Deckname “Gemüse”

»Benjamin G. diente sich, wie man heute weiß, bereits 2002 dem Verfassungsschutz als Zuträger an. Über seinen Stiefbruder, einen bekannten Rechtsextremisten aus der Kasseler Szene, hatte er Zugang zu Neonazi-Gruppen wie der ›Kameradschaft Kassel‹. Sein Stiefbruder stieg zum Kameradschaftsführer auf und war im Neonazi-Netzwerk ›Blood & Honour‹ aktiv.« (spiegel.de vom 3.9.2012)

Diese Information war nur die halbe Wahrheit: Benjamin Gärtner wurde bereits in seiner Wehrpflichtzeit 2001 als Spitzel vom MAD angeworben. Danach wurde er nahtlos vom LfV Hessen übernommen. Sein Stiefbruder Christian Wenzl war führender Kopf der ›Kameradschaft Kassel‹. Gleichzeitig lieferte er Informationen zu ›Sturm 18‹.

Für seine Spitzeltätigkeiten bekam er zwischen 225 und 275 Euro monatlich. Sein V-Mann-Führer war Andreas Temme, der sich zur Mordzeit im Internetcafé in Kassel 2006 aufhielt.

Als klar wurde, dass der V-Mann als Zeuge vernommen werden sollte, wurde ihm vom Geheimdienst ein Rechtsanwalt an die Seite gestellt und entsprechend gecoached.

Vor dem PUA in Hessen wusste Benjamin Gärtner eigentlich nichts. Weder waren ihm die Telefonate am Mordtag erinnerlich, noch die Existenz des NSU, nur das Geld, das er für Nichts gekommen haben soll: jedes Mal „zwischen 100 und 200 Euro“. (faz.de vom 27.2.2016).

Besonders makaber ist, dass er nicht einmal die Neonazi-Partei „Deutsche Partei“ kannte, die er nach Angaben von Temme und LfV ausgespäht haben soll: „Das ist ja mal was ganz Neues für mich“, behauptete G.“ (s.o.)

Warum ein solcher Zeuge vom damaligen Innenminister Bouffier keine Aussagegenehmigung bekommen hatte, kann niemand erklären.

Matthias Rott, V-Mann des LKA Sachsen

Im Dezember 2012 behauptete der ehemalige Landespolizeipräsident Bernd Merbitz, dass Polizei und LKA in Sachsen keine Spitzel im Staatsschutzbereich eingesetzt hätten. Zu demselben Ergebnis kam die ›Expertenkommission‹ des Sächsischen Staatsministeriums des Innern (SMI): »Der Staatsschutz der Polizei in Sachsen führt keine VP

Das ist eine Lüge: Tatsächlich führte das LKA Sachen den ehemaligen Polizisten als V-Mann. Er war Mitglied in der neonazistischen Kameradschaft ›Sturm 34‹, die im April 2007 verboten wurde. Im Rahmen eines Prozesses erklärte das ›Sturm 34‹-Mitglied, dass »er (…) schon vor der Gruppengründung mit der Polizei kooperiert (habe). Daraus ergibt sich der bis heute nicht ausgeräumte Verdacht, dass ein V-Mann der Polizei an der Gründung von ›Sturm 34‹ beteiligt gewesen ist.« (Polizei-Spitzel bei ›Sturm 34‹: Sachsens Innenministerium hielt Akten zurück, gamma vom 08/05/2013)

Nick Greger, VP 598, V-Mann des LKA Berlin von 2001 – 2003

Nick Greger, ist ein Neonazi-Kader aus Thüringen und Anhänger von Blood & Honour. Er hatte beste Verbindungen zum Neonazi Carsten Szczepanski, der zugleich V-Mann (Deckname ›Piatto‹) des LKA Berlin war. Ende 1999 unterstützte der Neonazi Carsten Szczepanski Nick Greger und andere Kameraden dabei, einen Ableger von ›combat 18‹ aufzubauen. Zugleich ging es darum, Strafaktionen gegen Linke bzw. Antifas durchzuführen. Dazu besorgte der Neonazi Carsten Szczepanski sowohl Sprengstoff als auch Waffen. Im letzten Moment seien Nick Greger und seine Kameraden abgesprungen. Kurz danach wurden sie festgenommen, u.a. wegen des geplanten Sprengstoffanschlages. Er packte aus und erzählte in aller Ausführlichkeit über die Rolle des Kameraden Carsten Szczepanski. Er wusste damals nicht, dass Carsten Szczepanski zugleich V-Mann war. Vor Beginn des Prozesses wurden ihm ein Deal angeboten: Er solle vor Gericht den Namen und die Rolle des Carsten Szczepanski verschweigen und im Gegenzug bekäme er Strafmilderung. Er nahm dieses Angebot zur Strafvereitelung an und wurde im Jahr 2000 zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Aufgrund der Tätigkeit des PUA in Berlin wurden auch die Akten zu Nick Greger angefordert. Obwohl sie ›so gut es ging‹ geschwärzt wurden, bestand die Gefahr, dass die Parlamentarier oder Nick Greger selbst auf die Person Carsten Szczepanski zu sprechen kommen. Im Oktober 2013 bekam Nick Greger Besuch von LKA-Beamte in Berlin. Zuerst wollte man ihn vor Angriffen von ehemaligen Kameraden warnen. Dann kamen sie auf den Punkt Ihres Anliegens: Er solle den Namen und die Rolle von Carsten Szczepanski heraushalten. Das wäre auch für ihn das Beste. Diese Version äußert Nick Greger in einem Interview: Interview mit Nick Greger: http://www.youtube.com/watch?v=bGuLGANJ07I

Johann Detlef Helfer, “Hitler von Köln”, Neonazi aus Köln, aktiv in neonazistischen Kameradschaften, seit 1989 V-Mann des Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen

Johann Helfer, auch als »Hitler von Köln« bekannt, gehörte zusammen mit Axel Reitz lange Zeit zu den führenden Figuren der Kölner Neonazi-Szene. Im Juli 2015 machten Stefan Aust und Dirk Laabs, Autoren des Buches »Heimatschutz. Der Staat und die Mordserie des NSU«, in der »Welt am Sonntag« folgende Hintergründe zum Bombenanschlag in der Kölner Probsteigasse von 2001 öffentlich:

»Eines irritierte die Ermittler [des BKA]: Zwar hatte sich der NSU zum Anschlag in der Probsteigasse bekannt, aber der Bombenleger auf dem Phantombild hatte keinerlei Ähnlichkeit mit Böhnhardt oder Mundlos. Deshalb schickte das BKA das Bild im Februar 2012 an das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), mit der Bitte um Hilfe bei der Identifizierung des Mannes. Der Inlandsgeheimdienst leitete das Bild unter anderem an den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen weiter. Der Geheimdienst in Düsseldorf wurde zu diesem Zeitpunkt seit drei Jahren von Mathilde Koller geführt, seit über 20 Jahren Verfassungsschützerin. Koller verfasste umgehend mehrere dienstliche Erklärungen. In einer ersten Version schrieb sie, das Phantombild weise “Ähnlichkeiten” mit einem Neonazi aus Köln auf, Johann Helfer, genannte “Helle”, lange Jahre in der Kameradschaftsszene aktiv – Anhaltspunkte für eine Tatbeteiligung des inzwischen 48-Jährigen bestünden aber nicht. Doch Koller schrieb eine Woche später noch einen Vermerk, den sie als “geheime Verschlusssache” einstufte, die höchste Sicherheitskategorie. … In diesem Vermerk, den Koller für die Bundesanwaltschaft verfasst hat, lüftet die Verfassungsschutzchefin ein brisantes Geheimnis: “Johann Detlef Helfer ist seit 1989 als geheimer Mitarbeiter für den Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen tätig.” Koller schreibt also explizit, dass Helfer ein “geheimer Mitarbeiter” war. Der Mann, dem die Verfassungsschutz-Chefin in ihrem ersten Schreiben Ähnlichkeit mit dem Bombenleger aus der Probsteigasse bescheinigt hatte, dessen Namen sie erstmals ins Spiel gebracht hatte, war also ein Verfassungsschutz-Spitzel.«[1]

Roland Sokol, V-Mann des LfV Baden-Württemberg seit 2009

Mitglied in der rassistischen ›Bruderschaft‹ Hammerskin, Bassist der Szeneband ›Triebtäter‹, beste Kontakte zum ›Blood & Honour‹-Netzwerk

»Der Verfassungsschutz war durch seinen V-Mann Roland Sokol direkt in die Aufrechterhaltung des Nazibetriebs im ›Rössle‹ involviert, obwohl der Geheimdienst in der Öffentlichkeit stets behauptete, alle Anstrengungen zu Schließung des größten und wichtigsten Nazizentrums in Baden-Württemberg zu unternehmen. (…) Sokol war Teilnehmer einer der ersten HoGeSa-Aufmärsche am 23.03.2014.« (Autonome Antifa Freiburg | Communiqué vom 04.10.2015)

»Nach Recherchen der taz hielt Sokol seit mindestens 2009 regelmäßigen Austausch mit einer Kontaktperson, die sich als „Michael W.“ ausgab. An dessen GMX-Adresse schickte er umfassende Informationen aus rechtsextremen Zusammenhängen. Dass V-Mann-Führer nicht unter ihren behördlichen Adressen mit ihren Quellen kommunizieren, ist gängige Praxis. Metadaten aus dem E-Mail-Verkehr, die die taz ausgewertet hat, führen jedoch von „Michael W.“ zurück auf Serverstrukturen der Landesverwaltung Baden-Württemberg. (…) Für die Behörde könnte die Enttarnung noch brenzlig werden. Wieder muss sich der Verfassungsschutz fragen lassen, wie nahe er am NSU-Trio dran war. Denn der umtriebige Sokol besaß auch einen Onlineshop für rechtsextreme Szenekleidung, den Patria-Versand – und der bekam 2011 brisante Post. Als sich die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach einem missglückten Banküberfall in Eisenach am 4. November 2011 erschossen, zündete wohl Beate Zschäpe die gemeinsame Wohnung in Zwickau an. Dann soll sie 15 Bekenner-DVDs des NSU verschickt haben: an die Linkspartei in Halle, den Axel-Springer-Verlag oder das Türkische Konsulat in München. Nur ein Exemplar ging an einen rechtsextremen Empfänger: den Patria-Versand. (…) Bis heute ist ungeklärt, warum der NSU als einzige rechte Adresse ausgerechnet den Patria-Versand aussuchte. Suchte das Trio einen Multiplikator für die eigene Szene? Dafür aber war der Versand nicht bedeutend genug. Oder ging die DVD womöglich an einen alten Vertrauten? War es Franz G.? Oder war es womöglich gar Roland Sokol?” (Abschied eines Spitzels, taz vom 4.10.2015)

Eine äußert detaillierte Recherche der Autonomen Antifa Freiburg liegt diesem taz-Bericht zugrunde: Communiqué vom 04.10.2015

Frank Schwerdt, NDP-Funktionär in Brandenburg, V-Mann des LfV in Brandenburg?

„In Thüringen wurden ihm Verbindungen zum NSU-Terrortrio nachgewiesen, er wird zum größeren NSU-Umfeld gezählt, hatte engen Kontakt zu Unterstützern und Helfern der Rechtsterroristen. Trotz eines klaren Beweisbeschlusses des brandenburgischen NSU-Untersuchungsausschusses, der Gerichtskraft hat, will das Innenministerium jedoch nicht erklären, ob Schwerdt für den Verfassungsschutz in der Neonazi-Szene spitzelte. Das Innenministerium verweist darauf, dass derlei Informationen geheimhaltungspflichtig seien. Sollten Details bekannt werden, sei das Staatswohl gefährdet. Es würden Rückschlüsse auf „nachrichtendienstliche Zugänge“ ermöglicht, wie das Innenministerium nun dem NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags mitteilte.” (War NPD-Funktionär Frank Schwerdt V-Mann? pnn.de vom 3.2.2017)

Stefan L., Ex-Chef der Neonazi-Gruppe “Blood &Honour” – V-Mann „Nias“ für das BfV von 2002-2010

„Was erst nur ein Gerücht ist, ist nun wohl Gewissheit: Der einstige Deutschland-Chef der Neonazi-Gruppe “Blood and Honour” war Spitzel für den Verfassungsschutz. Laut Medien versorgte er unter dem Decknamen “Nias” die Behörde bis 2010 mit Informationen.

Der ehemalige Deutschland-Chef der Neonazi-Gruppierung “Blood and Honour” war nach Informationen der “Berliner Zeitung” V-Mann des Verfassungsschutzes. Ein Vertreter des Kölner Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) habe die V-Mann-Tätigkeit im geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags bestätigt, berichtet das Blatt.

Bereits Anfang der Woche hatten mehrere ARD-Magazine berichtet, der Ex-Chef der Organisation habe in den 90er Jahren für den Verfassungsschutz gespitzelt. Vermittelt worden sei er von der Berliner Polizei. Berlins Innensenator Andreas Geisel hatte die Berichte zunächst zurückgewiesen. “Nach jetzigem Kenntnisstand spricht für diese Erkenntnis erst mal nichts”, sagte Geisel am Donnerstag.

Nun berichtete die “Berliner Zeitung”, dass der in der rechten Szene unter dem Spitznamen “Pinocchio” bekannte Stephan L. von mindestens 2002 bis spätestens 2010 unter dem Decknamen “Nias” mit dem BfV zusammenarbeitete. Seine Aufgabe sei unter anderem gewesen, den Verfassungsschutz bei der Aufklärung von Nachfolgestrukturen der im Jahr 2000 verbotenen deutschen Division von “Blood and Honour” zu unterstützen.

Wie später bekannt wurde, unterstützten zahlreiche Mitglieder der nun vom Untergrund aus agierenden Gruppierung die untergetauchten NSU-Terroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Sie versorgten sie mit Waffen und mit Wohnungen zum Untertauchen. Das NSU-Trio hatte zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen brutal ermordet. Beate Zschäpe und vier weitere Unterstützer stehen deshalb in München gerade vor Gericht.“ (n-tv.de vom 20. Mai 2017)

Summa summarum

Geht man davon aus, dass die bisher bekannt gewordenen V-Leute im Netzwerk des NSU nur die Spitze des Eisberges sind, darf man von einer weit größeren Zahl ausgehen. Dann kann man das von Andreas Förster in der Berliner Zeitung gezogene Zwischenfazit als äußerst vorsichtig bewerten:

»Bemerkenswert ist der Umstand, dass auf dieser (129er) Liste mindestens acht inzwischen enttarnte V-Leute des Verfassungsschutzes und – in einem Fall – des Berliner Landeskriminalamtes auftauchen. Allerdings sind längst nicht alle Spitzel in die Übersicht aufgenommen worden, die im Umfeld des Trios seit 1998 platziert waren – deren Zahl summiert sich auf knapp zwei Dutzend.« (Berliner Zeitung vom 26.3.2013)

Wie viel Staat steckt im Nationalsozialistischen Untergrund/NSU?

 

»Bislang gehen wir insgesamt von mindestens 42 V-Männern und V-Frauen im Umfeld des NSU aus, was eine eklatant hohe Zahl ist

(Berliner Rechtsanwalt Sebastian Scharmer. Er vertritt vor dem Oberlandesgericht München die Nebenklägerin Gamze Kubaşık, Tochter des 2006 in Dortmund ermordeten Mehmet Kubaşık, zit. nach LOTTA Nr.56, August 2014)

Gehen wir also ganz vorsichtig von über 40 V-Leuten im Umfeld des NSU aus. Fest steht, dass all diese staatlich finanzierten Neonazis über mehr als dreizehn Jahre nichts zur Verhinderung von neonazistischen Straftaten, nichts zur Verhinderung der rassistischen Mordserie beitragen konnten. Dann heißt dies, dass sie dreizehn Jahre mit staatlicher Unterstützung am Aufbau neonazistischer Strukturen beteiligt waren, an der Gewährleistung eines neonazistischen Untergrundes und möglicherweise an der Mordserie des NSU beteiligt waren.

Wie hoch war also die Staatsbeteiligung am NSU?

Bis heute haben Bundeskriminalamt und Bundesamt für Verfassungsschutz dreimal Listen von Personen zusammengestellt, die in Kontakt zu mutmaßlichen Mitgliedern des ›Nationalsozialistischen Untergrunds‹ (NSU) oder deren Unterstützern gestanden haben könnten. Die erste Liste ist auf März 2012 datiert und umfasst 41 Neonazis. Die zweite vom September 2012 kam bereits auf 100 Personen und die aktuelle vom Oktober desselben Jahres nennt 129 Namen.

Lassen wir einmal beiseite, woher dieser ansteigende Erkenntnisgewinn rührt:

Anhand der drei Listen kann man sich spielend den Staatsanteil am NSU ausrechnen. Dabei darf man die erste Liste einfach einmal weglassen.

 

Nirgendwo waren so viele staatliche Aufbau- und Entwicklungshelfer am Werk wie im Nationalsozialistischen Untergrund/NSU. Nirgendwo sonst kann der substanzielle Tatbeitrag staatlicher Behörden am NSU-Netzwerk so umfänglich nachgewiesen werden, wie in diesem Fall.

Begründet wird der Einsatz von V-Leuten, dass man nur so schwere Straftaten aufklären bzw. verhindern könne. Genau das Gegenteil ist 13 Jahre hindurch belegt: In den meisten Fällen waren besagte V-Leute an schweren Straftaten beteiligt, an sogenannten Organisationsdelikten, wie die Beschaffung von Sprengstoff, das Bereitstellen von illegalen Papieren, die Beschaffung von Waffen und Geld, die Zurverfügungstellung von Wohnungen u.v.a.m.

Um zu verstehen, was ein Gericht für ausreichend hält, um jemand wegen Beihilfe zu Mord bzw. Mitgliedschaft in bzw. wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung (nach § 129a) anzuklagen bzw. zu verurteilen, wie dünn die Beweislage sein darf, wenn die Angeklagten keine staatsaffinen Personen sind, möchte ich an zwei Beispielen ausführen:

Sonja Suder, die heute 80 Jahre alt ist, wird in Frankfurt u.a. wegen Beihilfe zu Mord angeklagt. Der einzige Beweis, den die Staatsanwaltschaft dafür hat, ist der Kronzeuge Hans Joachim Klein, der behauptet haben soll, dass Sonja Suder bei der Beschaffung der Waffen geholfen habe, die bei dem OPEC-Überfall 1975 in Wien verwendet worden sein sollen. Dass genau jener Zeuge bereits 2001 von einem Frankfurter Gericht für unglaubwürdig erklärt wurde, macht überhaupt nichts: »Das Gericht bezweifelte Kleins ›Identifizierungssicherheit bei der Lichtbildvorlage vom 2.9.1999‹. Bei dieser beschuldigte er neben Schindler auch Suder, ›obwohl er diesbezüglich zuvor nie von einer weiteren Frau gesprochen hat‹, befand das Gericht schon 2001. Außer Kleins Aussagen hat die Staatsanwaltschaft auch heute in Sachen Opec nichts gegen Suder in der Hand.« (Wochenzeitung Zürich/WOZ Nr. 15/2010 vom 15.04.2010)

Das zweite Beispiel jüngeren Datums belegt, dass eine angebliche Geldbeschaffung erst dann ein Beweis für eine terroristische Aktivität ist, wenn man kein V-Mann bzw. Neonazi ist: »Wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung muss eine 43-jährige Türkin sechseinhalb Jahre in Haft. Das Berliner Kammergericht sah es am Donnerstag als erwiesen an, dass die gelernte Stadtplanerin als hochrangige Führungskraft der in Deutschland verbotenen Terrororganisation ›Revolutionäre Volksbefreiungspartei/-front‹ (DHKP-C) Hunderttausende Euro an Spenden für Kämpfe in der Türkei organisierte. Die 1994 in der Türkei gegründete Partei verfolge den Umsturz der dortigen Regierung, hieß es im Urteil. Die Verurteilte hatte den Vorwurf bestritten.« (SZ vom 17.5.2013)

Dass zahlreiche V-Leute, die den nationalsozialistischen Untergrund mit angelegt, bewaffnet, mit Geld und illegalen Papieren versorgt haben, nicht wegen Unterstützung und/oder Bildung einer terroristischen Vereinigung angeklagt werden, kann man mit vielem erklären – nur nicht juristisch.

Die Frage ist also nicht, wer seit dem 6. Mai 2013 auf der Anklagebank sitzt, was dort verhandelt wird. Die Frage ist vielmehr, wer nicht vor Gericht steht, was alles nicht verhandelt wird.

 

Wolf Wetzel                           5.6.2019

Der NSU-VS-Komplex. Wo beginnt der Nationalsozialistische Untergrund – wo hört der Staat auf? Unrast Verlag, 2015, 3. Auflage

Beim Blog ›Friedensblick‹ gibt es ebenfalls eine sehr ausführliche Liste von neonazistischen V-Leuten: NSU – Wer war alles Verfassungsschutz-Informant? (http://friedensblick.de/4261/nsu-wer-war-alles-verfassungsschutz-informant)

›V-Leute-Spezialausgabe‹ Eine ausgezeichnete Initiative startete auch die Zeitschrift ›Rechter Rand‹ mit ihrer Ausgabe Nr. 150/2014

Dort sind insgesamt 28 Neonazis, die als V-Leute geführt wurden/werden, porträtiert:

Andre Zimmermann (S.17)

Achim Schmid (S.18)

Marcel Degner (S.20)

Juliane Walther (S.21)

Michael See (S.22)

Klaus Blome (S.24)

Peter Klose (S.25)

Didier Magnien (S.26)

Michael Wobbe (S.27)

Norbert Weidner (S.29)

Sandra Franke (S.30)

Andreas Rachhausen (S.31)

Holger Szymanski (S.32)

Manfred Reich (S.33)

Tino Brandt (S.34)

Thomas Richter (S.36)

Kai-Uwe Trinkaus (S.37)

Kai Dalek (S.38)

Matthias Meier (S.39)

Carsten Szczepanski (S.40)

Mirko Hesse (S.41)

Sebastian Seemann (S.42)

Ralf Marschner (S.43)

Udo Holtmann (S.45)

Toni Stadler (S.46)

Thomas Starke (S.47)

Bernd Schmitt (S.48)

Thomas Dienel (S.49)

»Seit 25 Jahren klärt die Fachzeitschrift ›Der rechte Rand‹ (RR) über die extreme Rechte und ihre Strukturen auf. Die aktuelle Ausgabe widmet sich den V-Leuten der extremen Rechten. 28 V-Leute porträtiert das Magazin. Zu den vorgestellten V-Leuten gehört Norbert Weidner, dem der RR eine Seite widmet. Das Magazin schreibt zur Intention der ›V-Leute-Spezialausgabe‹: ›Ein Kern unseres Heftes sind aber 28 Porträts prominenter V-Leute aus der Szene. Hier zeigt sich die enge Begleitung dieser Verfassungsfeinde durch den Verfassungsschutz. Dabei wird deutlich, das zumeist Führungsfiguren der Szene angeworben wurden …‹

http://www.der-rechte-rand.de/

 

[1] Stefan Aust / Dirk Laabs: Die dubiosen Ermittlungen zum Kölner Neonazi »Helle«, in: www.welt.de, 14.6.2015.

 

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1.367 Kommentare

  1. Sehr geehrter Herr Wetzel,
    die Aufklärung beginnt ja erst – da haben Sie recht.
    Wohlan, hier ein zentraler Punkt des Rätsels. Eigene Recherche.
    Ralf Wohlleben war auch im November 2011 ein Spitzel des BKA, nicht nur bis 2002 im NPD-Verbotsverfahren, wie Bundesanwalt Hans Jürgen Förster im NSU-Ausschuss bezeugte.
    Der Direktor der Bundespolizei, Hans Dieter Meier, vermutete schriftlich bei seiner Vernehmung durch die Bundesanwaltschaft, dass das BKA die von seiner Truppe ausgelesenen Handydaten löschen liess, um einen Informanten zu schützen. http://www.bild.de/news/inland/nsu/ausschuss-prueft-daten-affaere-28271012.bild.html
    (Andreas Förster in BILD)
    Es geht aber um 2 Handys, die Anfang Dezember 2011 ausgelesen wurden. Wessen Handys? BILD schweigt.
    Von der FTD lesen wir, dass es sich um das Handy eines “am 24.11.2011 Verhafteten” handelt.
    Das war Andre Eminger. Die GSG 9 verhaftete ihn am 24.11.2011
    Ein V-Mann des BKA?
    Vielleicht noch einer mehr, aber wer war der 2. Handybesitzer?
    Herr Wetzel, das war ein Bluff, der GSG 9 – Grosseinsatz bei Eminger. Um abzulenken von Wohlleben:
    http://www.ftd.de/politik/deutschland/:rechtsterror-bka-liess-ermittlungsdaten-zur-zwickauer-zelle-loeschen/60167644.html
    Bei der Löschaktion gehe es um Daten von zwei Handys, die vom BKA bei den Ermittlungen sichergestellt worden waren. Eines der Handys gehörte dem Festgenommenen. Er gilt als wichtigster Helfer des Neonazi-Trios, dem zehn Morde zur Last gelegt werden. Sein Mobiltelefon war den Fahndern am 24. November bei seiner Festnahme in die Hände gefallen
    FTD Ende.
    Wohlleben wurde am 29.11.2011 verhaftet, das ist offensichtlich ein Widerspruch zum von der FTD genannten 24.11.2011.
    ABER NUR SCHEINBAR,!!!
    Stern, 29.11.2011:
    Nach einer Durchsuchung bei Wohlleben am Donnerstag vergangener Woche hatte er in Medien erklärt, dass das Bundeskriminalamt nicht genug Material gegen ihn in der Hand haben dürfte.
    http://www.stern.de/panorama/ralf-wohlleben-festgenommen-ehemaliger-npd-funktionaer-soll-neonazi-trio-geholfen-haben-1756585.html
    Jetzt einen Kalender 2011 zur Hand nehmen: Welches Datum hatte der Donnerstag vor dem 29.11.2011?
    Als bei Wohllebens Hausdurchsuchung dessen Handy sichergestellt wurde?
    Es war der 24.11.2011. BINGO.
    Der Informant des BKA im November 2011 hiess Wohlleben. Der hatte mit Eminger am 4.11.2011 telefoniert, und sicher auch mit seinen Dienstherren vom BKA. Daher mussten (und wurden) beider Handydaten gelöscht. Nur das BKA hat sie noch, der Teil des Tiefen Staates.
    Gruß

  2. Habe Ihren Artikel mit Genuss gelesen, Chapeau!
    Da fehlen noch ein paar Polizisten unter den Angeklagten, allen voran natürlich fehlt die Mordanklage gegen die beiden Polizisten in Uniform, die den Doppelkopfschuss von Heilbronn ausführten.
    Wie Michael Niepott, Ex-Kollege und jetzt Hannoverscher Polizist, im Trauerbuch von Kiesewetter zutreffend ausführte, war es nur Polizisten möglich, sich einem auf dem Festplatz geparkten Streifenwagen zu nähern, während rundherum ein Jahrmarkt aufgebaut wurde (Krach, Schläge), ohne dass es irgend jemandem auffallen würde.
    2 Polizisten aus der beiden Opfer Einheit waren beim KKK, auch ihr direkter Chef. Der sie aus dem Urlaub herantelefoniert hatte, am Tag vor ihrem Tod.
    Wie wir wissen, wollte Arnold lieber auswandern, als das das nach seinen Angaben gefertigte Phantombild der Mörder veröffentlicht werde. (Kontextwochenzeitung, Thomas Moser)
    Dann fehlten die Verfahren nach § 129a STGB gegen Michael Brümmendorf vom BKA, der 1998 nach Erfurt reiste, um die bei der Razzia aufgefundenen Telefonlisten verschwinden zu lassen, mit denen man das Trio ruckzuck gefunden hätte.
    “Ein 6er im Lotto”, meinte dazu Binninger.
    Ach ja, und Drechsel vom LKA TH, der dabei half. Luthardt, der LKA-Präsident, der das deckte. Ebenso der BKA-Präsident.
    Und es fehlen Anklagen gegen die Staatsanwälte in Gera, die Verfahren verhinderten und einstellten, gegen deren Vorgesetzte aus dem Ministerium und gegen die Politiker und Beamten aus Kanzleramt und Innenministerien quer durch die Republik. Volker Bouffier, um nur einen damaligen Innenminister zu nennen…
    Was nötig wäre, dass kann nur eine Revolution leisten, wie damals 1989 der Sturm auf die STASI-Zentrale in der Normannenstrasse.
    Der TIEFE STAAT, das ist viel mehr als die Verfassungsschützer. So viel mehr…
    Beste Grüsse

    1. Herzlichen Dank für Ihr Lob,
      leider haben Sie vollkommen recht: Es fehlen sehr viele, die dafür gesorgt haben, dass der NSU in den “Untergrund” (mit Demobesuchen, Familientreffen, Urlauben etc.) gehen konnte, und es fehlen alle jene, die mit aktiver Beteiligung dafür gesorgt haben, dass die Terror- und Mordserie nicht gestoppt wurde.
      Aber der Prozess beginnt ja erst – und die Aufklärung außerhalb des Gerichtsaales auch.
      mit herzlichen Grüßen
      Wolf Wetzel

  3. “Fest steht, dass all diese staatlich finanzierten Neonazis über mehr als dreizehn Jahre nichts zur Verhinderung von neonazistischen Straftaten, nichts zur Verhinderung der rassistischen Mordserie beitragen konnten.”
    Vielleicht sind die Verantwortlichen aber auch der Meinung, es wären zu wenige V-Leute gewesen und fordern mehr-analog mehr Sicherheit durch mehr Videoüberwachung.
    Btw, hat sich Steven Spielberg schon die Filmrechte gesichert?

  4. Die Dementi von Politikern und Journalisten bezüglich des Tiefen Staats in Deutschland klingen halbherzig. Insofern sind die Schlussfolgerungen und Fragen, die Sie stellen völlig berechetigt.Bin gespannt auf Ihr Buch,Herr Wetzel! Die ARD hinterfragt im “Presse Club” den Tiefen Staat im NSU-Komplex und einige “Investigativjournalisten” wittern Verschwörungtheorien: http://machtelite.wordpress.com/2013/04/15/ard-hinterfragt-tiefen-staat-im-nsu-komplex/

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