Liebes Rotkäppchen

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Ein unheiliges Gleichnis

Liebes Rotkäppchen
So siehst Du aus.
Du
blutjung, voller mädchenhafter Unschuld und selbstloser Gaben im Korb.
Und Ich
Das Böse, mit lechzender Zunge und aufgestelltem Fell
auf dem allerletzten Sprung
Dich aufzufressen.
Rotkäppchen-Wolf

Ich möchte dich nicht überfordern oder gar deine Selbstwahrnehmung stören
Aber
Kann es nicht sein,
dass Du mich brauchst ohne das miss davorzusetzen?
Du, die Mensch gewordene Unschuld,
und ich das wilde, unbändigbare Ungeheuer.
 
Ich will Dich in deinem zarten Alter nicht mit Psychoanalyse oder gar Freud erschrecken
Aber
Kann es nicht sein
Dass Du das Wilde, das Nicht-Konditionierte, das Unbändige
in mich hineinprojiziert
also Dein Es
es soll mit Freud eurer Triebhaftes beheimaten
externalisiert
oder wie Ihr Menschen heute sagen würdet
outsourced
Damit ihr in aller Ruhe das tun könnt
was uns Tiere nur sagen lässt
Nie wieder Krieg, nie wieder Mensch!
 
Wenn Dir das jetzt zu hoch ist
frage ich Dich ganz niedrigschwellig:
Wer hat mir im Schlaf den Bauch aufgeschlitzt und Steine in den Bauch gelegt?
Und wer feiert diesen barbarischen Akt
bis heute als menschliche, geradezu märchenhafte Glanztat?
 
Lieber Rotkäppchen
Ich mache Dir ein völlig unmoralisches Angebot
Lass uns
aus dem Narrativ desertieren.
Zusammen.
Dein Wolf

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