Strafverfolgung à la carte

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Strafverfolgung à la carte

Am 26. Oktober 2016 veranlaßte der CDU-Innensenator Frank Henkel eine Großrazzia. Allein in Berlin ging es um dreizehn „Objekte“.
Keine Frage: In der Bundeshauptstadt konzentriert sich viel kriminelles Potential.

Man denke nur an die zahlreichen Dependancen der Deutschen Bank, die gerade 16.000 Millionen Euro dafür bezahlt, damit ihre kriminellen Praktiken nicht (weiter) strafrechtlich verfolgt werden. Man denke an den VW-Konzern, der ein bisschen weniger zahlt, für seine kriminellen Geschäfte: 13.000 Millionen Euro.

Aber denken Sie – mit Blick auf die Bundeshauptstadt – auch an die vielen Ministerien, die dort ansässig sind. Zum Beispiel das Bundesverkehrsministerium mit Alexander Dobrindt (CSU) an der Spitze. Ein vom Bundestag in Auftrag gegebenes Gutachten zum „VW-Skandal“ wirft staatlichen Stellen „eine fortdauernde und schwerwiegende Mißachtung des Rechts“ (taz vom 28.10.2016) vor, indem sie die Manipulation von Abgaswerten gedeckt hatten. Außerdem steht ein „stillschweigendes unerlaubtes Zusammenwirken“ zwischen Autoindustrie und staatlichen Aufsichtsbehörden im Raum – also Straftatbestände im Bereich „Organisierter Kriminalität (OK)“.

Es gäbe also genug schwerwiegende Gründe für Großrazzien.

Unter den 13 besagten „Objekten“ befand sie keines davon. Es handelte sich vielmehr um besetzte und ehemals besetzte Häuser in Berlin:

„Der Grund für die Durchsuchungen seien Ermittlungen wegen schweren Landfriedensbruchs. Konkret geht es um eine nicht angemeldete Solidaritätsdemo für das Hausprojekt in der Rigaer Straße in Berlin im Juli: Die Polizei berichtet von Sachbeschädigungen an den Häuserfassaden auf der Demonstrationsroute sowie davon, dass „Handzettel“ verteilt wurden.“ (taz vom 28.10.2016)

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Vielleicht werden einige sagen, dass man das nicht vergleichen kann. Sie haben recht.
Da wäre noch abschließend die prägnante Aussage der aktuellen Bundeskanzlerin Angela Merkel:

Wir sollen einfach sehr klar sagen, was sind die Erwartungen. Und sie sind an alle gleich: dass man sich an die Gesetze hält …“ (berliner-zeitung.de vom 14.7.2016)
Das hat sie aber viel früher gesagt, im Juli diesen Jahres.

Wolf Wetzel
Wir wollen alles – der Beginn einer Bewegung‹ Häuserkampf I (1970-1985), Bibliothek des Widerstands Band 21, LAIKA Verlag Hamburg, 2012
 

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