Der Tod von Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau 2005 … und eine Brieftaube

Veröffentlicht von

23.6.2016
Wie groß muss die Zahl der „Ungereimtheiten“ (im Zuge der Todesermittlungen) sein, damit ein Reim daraus wird?
 Rechtsanwältin Beate Böhler will Bewegung in den Fall Oury Jalloh bringen. Der Flüchtling aus Sierra Leone verbrannte im Januar 2005 im Polizeirevier Dessau (Sachsen-Anhalt). Er war, auf einer feuerfest umhüllten Matratze liegend, an Händen und Füßen angekettet. Böhlers Vorwurf an die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau: Sie ignoriere Beweise dafür, dass ein Dritter das Feuer gelegt haben muss. »Der Kreis der Tatverdächtigen ist überschaubar, gegen sie muss endlich ermittelt werden«, sagte die Rechtsanwältin im Gespräch mit jW. (..)
 Break_the_silence
Dass die Aufklärung eine teure Variante der Verschleierung ist, zeigt nicht nur der NSU-VS-Komplex. Man kann dies auch sehr genau am Fall Oury Jalloh nachzeichnen.
 Nun ist, nennen wir sie Susi, eine Brieftaube zugeflogen, die folgende Nachricht zurückgelassen hat, worüber sich Susi sehr freute – und deren Freude man unbedingt teilen sollte:
 „Ob es eine große, böse Brieftaube war, die sie entwendet und eines Morgens auf mein Fensterbrett gelegt hat? Wer weiß, wer weiß … Und wer weiß schon, wo sie überall herumliegen …
Aus diesen Akten geht nun blöderweise hervor, dass die »ermittelnde« Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau unter Oberstaatsanwalt Folker Bittmann erwiesene Falschaussagen von Polizeizeugen nicht weiter verfolgt hat, zwei Anzeigen nicht mal ansatzweise nachgegangen ist und nie geprüft hat, wohin diverse Beweismittel auf mysteriöse Weise aus dem Polizeirevier und dem LKA Sachsen-Anhalt verschwanden. Es geht dummerweise auch daraus hervor, dass Sachverständige an dem angeblichen Selbstmordfeuerzeug nicht eine einzige Spur aus der Zelle gefunden haben, mehr noch: Dass sogar von der Staatsanwaltschaft höchstpersönlich beauftragte Gutachter es ausschließen, dass sich Jalloh selbst im gefesselten Zustand angezündet haben kann.
Und was Susi noch ganz nebenbei (wusste gar nicht, dass ich so gut ausfragen kann) von einem hochrangigen Polizisten höchstpersönlich erfahren hat: Die Polizei in Dessau hat damals kurz nach dem Brand nicht nur Journale, Dienstpläne und eine Handfessel entsorgt. Sie hat auch alle Matratzen der Art wie der, auf der Jalloh in der gefliesten Zelle verbrannte, rigoros vernichtet. Mehr noch: Auch die Verwaltung der Polizei hat sämtliche Kaufbelege dieser Teile in Luft aufgelöst. Unauffindbar, wie vom Erdboden (oder Feuer?) verschluckt. Darum konnte nämlich nie der Hersteller ermittelt werden, um ein solches Modell für Versuche anzufordern.“
Ich finde, diese Nachricht hat eine Antwort verdient, z.B. von der ermittelnden Staatsanwaltschaft.
Wolf Wetzel

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