3.7.2009 – Ein V-Mann, den es gar nicht gibt

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Der  V-Mann “123” – nicht einmal ein Schatten seiner selbst…

Akt 1

Ein V-Mann des hessischen Verfassungsschutzes will das Gespräch seines Lebens mitgehört haben. Der einzige Haken an der sensationellen Geschichte ist, dass es den V-Mann ›123‹ gar nicht gibt…


1998 wurde im Rahmen eines Ermittlungsverfahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (nach § 129a) vom Bundesamt für Verfassungsschutz/BfV Maßnahmen zur Telefon- und Briefüberwachung beantragt.

Ein solcher Eingriff erfolgt – der geltenden Rechtsprechung folgend – nicht aufgrund der politischen Einstellung, sondern durch Darlegung ›tatsächlicher Anhaltspunkte‹, was – immerhin – einem Wirklichkeitsgrad von plus/minus 50 % entspricht.

In diesem Fall musste ein einziger ›tatsächlicher Anhaltspunkt‹ reichen, der es dafür in sich hatte: Ein V-Mann des hessischen Verfassungsschutzes will just vor Beantragung oben erwähnten Eingriffs ein Gespräch zwischen mir und anderen Personen mitbekommen haben. Anschließend soll und will der V-Mann das Gespräch protokolliert haben. Von den durch Schwärzungen unkenntlich gemachten Passagen abgesehen gleicht es einer Lebensbeichte, die von schwerer Kindheit und Leben als Berufsrevolutionär über aktuelle bis hin zu geplanten Anschlägen reicht.

Nich einmal der Schatten seiner selbst
Nich einmal der Schatten seiner selbst

Vorsichtshalber legte das Bundesamt für Verfassungsschutz/BfV auch noch eine ›Kurzbiografie‹ über mein politisches Leben bei, das mit großer Akribie über 30 Jahre hinweg polizeiliche und geheimdienstliche Erkenntnisse zusammenfasst. Dank besagter ›Lebensbeichte‹ und beigelegter Hintergrundsberichte wurde der Antrag vom G-10-Ausschuss des Bundestages für drei Monate bewilligt.

Nach drei Monaten ohne Ergebnisse wurde eine Verlängerung beantragt. Dieses Mal diente als einziger ›tatsächlicher Anhaltspunkt‹ ein Telefonat zwischen mir und einem ebenfalls im Verdacht stehenden Mitglied besagter terroristischen Vereinigung. Der Inhalt des Gespräches ist geschwärzt worden. Offensichtlich ging der G-10-Auschuss davon aus, das es sich um eine Telefonat zwischen ›Terroristen‹ handelte und verlängerte die G-10-Maßnahmen um weitere drei Monate. Auch diese drei Monate vergingen und ergaben nichts. Danach wurde keine weitere G-10-Maßnahme beantragt bzw. genehmigt. Das 129a-Verfahren wurde eingestellt.

Trotz der selektiv zur Einsicht überlassenen Akten und der darin vorgenommenen Schwärzungen, die für gewöhnlich eine Überprüfung erschweren bzw. unmöglich machen, reichte ich Klage gegen die o.g. Maßnahmen ein.

Im Kern geht es darum, folgenden Nachweis zu führen:

Der V-Mann, der makabrerweise auch noch ›V-Mann 123‹ heißt, existiert gar nicht.

Er ist eine Erfindung, das Gespräch wurde nie geführt.

Das abgehörte Telefonat, das die intensiven Beziehungen terroristischer Mitglieder belegen soll, würde das Gegenteil beweisen, wenn der Inhalt nicht unterschlagen worden wäre.

Die massiven Schwärzungen an entscheidenden Stellen und die vorenthaltenen Akten dienen nicht dem Schutz der Bundesrepublik Deutschland und deren V-Männer. Sie sollen die gezielte und vorsätzliche Manipulation vertuschen, mithilfe derer der G-10-Ausschuss mit frisierten und nicht vorhandenen ›Beweisen‹ getäuscht werden sollte.

Die politische Brisanz dieses ›Falles‹

In der Vergangenheit traten schon verschiedene V-Männer auf, die gelogen bzw. ihre Aussagen je nach Opportunität und Druck neu kreiert haben. Meist konnte man dies nur nachweisen, nachdem diese ›verbrannt‹ waren, also ihre Identität nicht mehr verheimlicht werden konnte (wie im Fall des V-Mannes Klaus Steinmetz).

In vielen anderen Fällen werden jedoch Aussagen von V-Männern in ein Verfahren durch ›Dritte‹ (meist Staatsschutzbeamte mit beschränkter Aussageerlaubnis) eingeführt, was eine Überprüfung der Vorwürfe kaum noch möglich macht.

In diesem Fall geht es darum, nachzuweisen, dass es diesen V-Mann ›123‹ gar nicht gibt, dass er eine aus welchen ›Quellen‹ auch immer vollgestopfte Fantasiegestalt ist.

Verständlicherweise werden sich viele zu Recht fragen, wie man die Nicht-Existenz eines V-Mannes nachweisen kann, wenn dessen ›Identität‹ von Geheimdiensten geschützt wird?

Es ist glücklichen und peniblen Umständen zu verdanken, dass dies ausnahmsweise möglich ist. Ich möchte hier nur zwei Gründe nennen:

  1. Auch der Verfassungsschutz macht Fehler: Trotz zahlreicher Schwärzungen wurde vergessen, die in einer Fußnote versteckten Namen unkenntlich zu machen, die für den Nachweis gezielter Manipulation von erheblicher Bedeutung sind.
  2. Auch der Verfassungsschutz kann gelegentlich über seine eigene Masslosigkeit stolpern. Die ›Lebensbeichte‹ ist so dermaßen übertrieben-geschmacklos, dass man eine solche nicht einmal in einem schlechten James-Bond-Film durchgehen lassen würde.

Stand der Dinge ist, dass das Verwaltungsgericht Berlin unserer Argumentation und unserem Verlangen, die geschwärzten und vorenthaltenden Unterlagen für das Hauptverfahren freizugeben, insoweit folgt, dass es für dem 8. Juli in Berlin eine mündliche Verhandlung anberaumt hat, um diese Fragen zu klären.

Im letzten Schreiben des VizePräs. des Verwaltungsgerichtes vom 15.6.2009 an den Verfassungsschutz moniert dieser aufmerksam, dass selbst dem Gericht nur selektiv Akten zur Verfügung gestellt wurden, insbesondere Akten, aus denen die »Erforderlichkeit der Maßnahme« hervorgehen könnte. Er fordert dazu auf, die »Übersendung des vollständigen Erstantrages« zu veranlassen.

Bis heute liegt der vollständige Erstantrag nicht vor.

6.7.2009                      Wolf Wetzel

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  1. http/www.wdr5.de/fileadmin/user_upload/Sendungen/Feature_Serie/2008/Manuskripte/080928man_01.pdf
    … danach ist der Fall wirklich harmlos.
    Wahrscheinlich sind die ehemaligen Stasi-Mitarbeiter, welche von der Polizei nicht übernommen werden konnten, jetzt auch beim BfV.

  2. Mann oh Mann, da war ja die “DDR” ein Hort der Wahrheitsfindung und Demokratie.. was hier im Staate BRDDR abgeht ist einfach nur noch empörend!!! Die ziehen sich einfach einen fiktiven V-Mann aus der Hutablage, dem sie dann Dinge aus einem angeblich belauschten Gespräch des Opfers in Mund legen. Absurder geht es gar nicht!
    Wie sich diese Behörde nennt? Kommt sicher keiner drauf! “Verfassungsschutz”! HAHAHAHA Von solchen Arbeitsbedienungen haben die EX- Stasileute beim LKA, BKA und bei Birthler in der DDR nur geträumt.. Bravo Hr. Schäuble und Waffenschieber Schreiber!!!

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